Rz. 38

Kann das Schriftstück dem Betroffenen selbst nicht zugestellt werden, ist eine Ersatzzustellung nach den §§ 178-182 ZPO zulässig. Die Ersatzzustellung kann u.a. an einen zur Familie gehörenden erwachsenen Hausgenossen erfolgen, wobei allerdings nach herrschender Meinung der mit dem Adressaten nicht verheiratete Lebensgefährte nicht zu seiner Familie gehört (BGH NStZ 1987, 469).

 

Rz. 39

Die Ersatzzustellung an die Wohnung ist selbst dann zulässig, wenn der Betroffene nur vorübergehend nicht anwesend ist, sich z.B. auf einer kürzeren Geschäfts- oder Urlaubsreise (BayObLG MDR 1961, 785) oder zu einem kurzfristigen freiwilligen Aufenthalt in einer Klinik (BGH NJW 1985, 2197) befindet.

Das gilt aber nicht bei einem mehrmonatigen Aufenthalt in einer Therapieeinrichtung (OLG Hamm StV 2004, 362) oder längerer beruflicher Abwesenheit (BGH NJW 1951, 931).

 

Rz. 40

An eine solche Adresse kann auch keine wirksame Ersatzzustellung erfolgen, selbst wenn der Betroffene dort beschäftigt ist (AG Suhl zfs 2006, 354) oder die Firmenadresse im Anhörungsbogen angegeben hatte (OLG Bamberg NZV 2006, 314). In einem Gewerbebetrieb kann nämlich nur dem Geschäftsinhaber und noch nicht einmal dem Geschäftsführer ersatzzugestellt werden (OLG Bamberg NZV 2006, 314 sowie OLG Celle, Beschl. v. 12.8.2011 - 322 SsBs 167/11).

Auch in solchen Fällen kann nur unter den in § 179 ZPO normierten Voraussetzungen von einer in einer treuwidrigen Annahmeverweigerung liegenden Zustellungsfiktion ausgegangen werden (OLG Koblenz zfs 2005, 363; Thüringer OLG VRS 108, 272).

 

Rz. 41

Seit dem 1.7.2007 (Zustellungsreformgesetz vom 25.6.2007, BGBl I S. 1206 und 3138) kann auch durch Einlegen des zuzustellenden Schriftstückes in den zur Wohnung oder dem Geschäft gehörenden Briefkasten ersatzzugestellt werden (§ 180 ZPO). Diese Zustellungsart ist jedoch wegen ihres "ultima-Ratio-Charakters" erst zulässig, wenn zuerst eine Ersatzzustellung in der Wohnung oder den Geschäftsräumen des Zustellungsempfängers gem. § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ZPO versucht worden ist.

 

Rz. 42

 

Achtung: Private Postdienste

Auch nach der Privatisierung der Post sind die von den Postzustellern bewirkten Zustellungen wirksam und die von ihnen ordnungsgemäß erstellten Zustellungsurkunden haben die Beweiskraft öffentlicher Urkunden, denn nach § 16 Abs. 1 PostG sind die Postzusteller mit dem Recht beliehen, Schriftstücke nach den Regeln des Prozess- und Verfahrensrechts zuzustellen, insoweit gelten sie als Beamte i.S.d. § 191 Nr. 7 ZPO a.F. (OLG Frankfurt NJW 1996, 3159). Nach der Neuregelung der ZPO können gem. § 168 Abs. 1 S. 1 ZPO außerdem die nach § 33 Abs. 1 PostG beliehenen Unternehmen mit der Ausführung der Zustellung beauftragt werden.

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