Rz. 177

Die in der Wohngebäudeversicherung nach dem Eintritt des Versicherungsfalles zu beachtenden Obliegenheiten sind in B § 8 Ziff. 2 VGB 2010 (§ 20 VGB 88) zusammengefasst. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Pflichten:

Unverzügliche Schadenanzeige beim Versicherer und bei der Polizei; während der Schaden in der Leitungswasserversicherung nach den VGB 62 noch innerhalb von drei Tagen gemeldet werden musste, heißt es hierzu in B § 8 Ziff. 2 bb und ee VGB 2010 (§ 20 VGB 88) nur noch, eine Meldung müsse "unverzüglich" erfolgen. Dies heißt jedoch nicht, dass dem Versicherungsnehmer nach den VGB 2010 und VGB 88 mehr Zeit zusteht als nach den VGB 62. Die verspätete Meldung eines Leitungswasserschadens durch einen Verwalter von Eigentumswohnungen müssen sich die Eigentümer zurechnen lassen, wenn der Verwalter aufgrund des Verwaltervertrages dazu berechtigt ist, Versicherungsangelegenheiten selbstständig abzuwickeln und deshalb als Repräsentant der Eigentümer anzusehen ist.[185]
Anfertigung eines Verzeichnisses über abhandengekommene Gegenstände ("Stehlgutliste").
Pflicht zur Schadenminderung und Schadenabwendung; hierzu gehört es beispielsweise in der Sturmversicherung, dass der Versicherungsnehmer nach dem Eintritt eines Sturmschadens, bei dem ein Teil des Dachs abgedeckt wurde, unverzüglich von sich aus für eine provisorische Abdichtung des Dachs und Trocknungsmaßnahmen sorgt und sich nicht nur mit der unzureichenden Teilabdeckung des Inhalts des Gebäudes begnügt.[186]
Gestattung der Untersuchung der Schadenstelle durch den Versicherer. Die Pflicht zur Auskunft und zur Mitwirkung bei der Untersuchung des Schadens ist beispielsweise dann verletzt, wenn der VN den Regulierungsbeauftragten des Versicherers körperlich angreift und nötigt, das Büro des VN zu verlassen.[187] Es besteht weder eine Obliegenheit zur Aufbewahrung von beschädigten und ausgetauschten Teilen noch eine Obliegenheit zur Anfertigung von Fotos von der Schadenstelle bzw. der ausgetauschten Teile.[188] Der Versicherungsnehmer hat die Schadenstelle grundsätzlich bis zur Besichtigung des Versicherers unverändert zu lassen, § 28 Abs. 4 VVG. Nach der Besichtigung des Schadens kann der Versicherungsnehmer davon ausgehen, den Schaden beseitigen zu dürfen. Der Versicherer kann sich dann nicht auf diese Obliegenheitsverletzung berufen, wenn er nicht ausdrücklich auf eine weitere Begutachtung durch einen Sachverständigen hingewiesen hat.[189]
Nach B § 8 Ziff. 2 hh VGB 2010 hat der Versicherungsnehmer dem Versicherer umfassend Auskunft zu erteilen. Diese nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung weit gefasste Obliegenheit soll den Versicherer in die Lage versetzen, seine Eintrittspflicht sachgerecht zu prüfen, indem er Ursache und Umfang des Schadens ermittelt. Die Auskunftsobliegenheit schließt dabei auch solche Tatsachen mit ein, die es dem Versicherer erst ermöglichen, sich auf Leistungsfreiheit zu berufen.[190]

Im Übrigen entsprechen die Obliegenheiten den in § 13 AFB 87 für die Feuerversicherung dargelegten Grundsätzen. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen (siehe § 5 Rdn 275 ff.).

[187] OLG Rostock zfs 2005, 27 (mit Anmerkung Rixecker).
[190] BGH v.13.4.2016 – IV ZR 152/14.

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