Rz. 17

Mit Urt. v. 22.3.2021 hat der Bundesgerichtshof über die Verschlüsselungstechnik des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs entschieden.[9] Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt das in beA verwendete Hardware-Security-Module (HSM) eine ausreichend sichere Verschlüsselungstechnik dar. Ein Anspruch auf eine "echte" Ende-zu-Ende-Verschlüsselung besteht nach Ansicht des BGH nicht. Bereits beim Anwaltsgerichtshof in Berlin[10] waren die klagenden Anwälte unterlegen; beim BGH führte auch ihre Berufung nicht zum Erfolg. Der Bundesgerichtshof wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die einfachgesetzlichen Vorgaben, insbesondere die §§ 19 Abs. 1 und 20 Abs. 1 RAVPV, eine solche Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch nicht verlangen würden. Die amtlichen Leitsätze der umfangreichen Entscheidung des BGH:[11]

Zitat

"1. Der Bundesrechtsanwaltskammer steht ein Spielraum bei der technischen Ausgestaltung der Nachrichtenübermittlung mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zu, sofern das gewählte System eine im Rechtssinne sichere Kommunikation gewährleistet."

2. Ein Anspruch von Rechtsanwälten gegen die Bundesrechtsanwaltskammer darauf, dass diese das besondere elektronische Anwaltspostfach mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Sinne der Europäischen Patentschrift EP 0 877 507 B1 versieht und betreibt, besteht nicht. Weder die gesetzlichen Vorgaben für die Errichtung und den Betrieb des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs noch die Verfassung gebieten eine derartige Verschlüsselung.

3. Zur Sicherheit der Verschlüsselungstechnik des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs."

 

Rz. 18

Wer sich für die gesamte Entscheidung des BGH interessiert, hat die Möglichkeit, die Urteilsverkündung z.B. auf YouTube unter folgendem Link anzusehen:

https://www.youtube.com/watch?v=evRStUggFpk (Abruf: 22.9.2022).

Die gegen diese Entscheidung eingereichte Anhörungsrüge scheiterte.[12] Nach Ansicht des BGH stellte u.a. der nicht gewährte Schriftsatznachlass (der weder entscheidungserheblichen neuen Vortrag enthielt noch zur Grundlage der Entscheidung gemacht worden war) keine Verletzung des rechtlichen Gehörs i.S.d. Art. 103 Abs. 1 GG dar; auch, so der BGH, habe sich der Senat entgegen der Auffassung der Kläger mit dem klägerischen Vorbringen, wonach eine "Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in dem von den Klägern geforderten Sinne aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich ist" hinreichend auseinandergesetzt und dabei auch deren Vortrag zur geforderten Verschlüsselung als sicherste technische Lösung berücksichtigt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör, so der BGH, verpflichte Gerichte nicht dazu, "der von einer Partei vertretenen Rechtsauffassung zu folgen".

[9] BGH, Urt. v. 22.3.2021 – ANwZ (Brfg) 2/20, NJW 2021, 2206.
[10] AGH Berlin, Beschl. v. 6.6.2016 – II AGH 16/15.
[11] LS 1 siehe Rn 103; LS 2 siehe Rn 39 und LS 3 siehe Rn 70–84.
[12] BGH (Senat für Anwaltssachen), Beschl. v. 16.6.2021 – AnwZ (Brfg) 2/20, BeckRS 2021, 21184.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge