Rz. 6

Der Zugewinnausgleich wird nach der Rechtsprechung des BGH vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfasst. Er ist daher einer ehevertraglichen Gestaltung am weitesten zugänglich.[2] Der BGH hat an der Kernbereichsferne des Zugewinnausgleichs auch für Unternehmerehen festgehalten, in denen der selbstständig erwerbstätige Ehegatte seine Altersvorsorge nicht durch dem Versorgungsausgleich unterfallende Anwartschaften, sondern im Wesentlichen durch die Ansammlung privaten Vermögens aufbaut. Ein vertraglicher Ausschluss des Zugewinnausgleichs ist auch dann nicht im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle zu korrigieren, wenn bereits bei Vertragsschluss absehbar gewesen ist, dass sich der andere Ehegatte ganz oder teilweise aus dem Erwerbsleben zurückziehen würde und ihm deshalb eine vorhersehbar nicht kompensierte Lücke in der Altersversorgung verbleibt. Vielmehr hat der BGH ein überwiegendes legitimes Interesse des erwerbstätigen Ehegatten anerkannt, das Vermögen seines selbstständigen Erwerbsbetriebs durch die Vereinbarung der Gütertrennung einem möglicherweise existenzbedrohenden Zugriff seines Ehegatten im Scheidungsfall zu entziehen und damit nicht nur für sich, sondern auch für die Familie die Lebensgrundlage zu erhalten.[3]

 

Rz. 7

Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen zu den Scheidungsfolgen aber jeweils für sich genommen nicht sittenwidrig sind, kann sich ein Ehevertrag nach ständiger Rechtsprechung des BGH im Rahmen einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt. Dabei ist ein unausgewogener Vertragsinhalt zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition eines Ehegatten, gleichwohl soll das Verdikt der Sittenwidrigkeit nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel nicht bereits gerechtfertigt sein, wenn außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität hindeuten. Dies soll insbesondere bei Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit der Fall sein.[4]

1. Güterstand der Zugewinngemeinschaft ohne Modifikation

 

Rz. 8

Ohne ehevertragliche Regelung leben die Eheleute gemäß § 1363 BGB grundsätzlich im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch den Tod eines Ehegatten beendet und tritt gesetzliche Erbfolge ein, so wird der Ausgleich des Zugewinns gemäß § 1371 Abs. 1 BGB dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht. Hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Fall einen Zugewinn erzielt haben. Wird der Güterstand auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Zugewinnausgleich konkret berechnet, indem gemäß §§ 1372 ff. BGB für jeden Ehegatten der während der Ehe erzielte Zugewinn ermittelt wird. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht nach § 1378 Abs. 1 BGB die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.

 

Rz. 9

Gemäß § 1374 Abs. 2 BGB wird Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Über diese Vorschrift wäre das Familienvermögen, das durch Erbschaft oder lebzeitige Übertragung auf die nächste Generation übertragen wird, grundsätzlich vor Zugewinnausgleichsansprüchen des Ehegatten geschützt. Ausgleichspflichtig bleiben aber Wertsteigerungen infolge eines allgemeinen Anstiegs der Immobilien- oder Unternehmenswerte sowie aufgrund von Investitionen. Zudem ist dann immer eine Bewertung sämtlicher Vermögensgegenstände erforderlich, was meist sehr streitanfällig und teuer ist.

 

Rz. 10

Schließlich ergeben sich Auswirkungen auf den Zugewinn, wenn Vermögenswerte im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Vereinbarung einer Leibrente oder sonstigen Versorgungsleistungen übertragen werden. Anders als bei einem vorbehaltenen Nießbrauch- oder Wohnungsrecht werden diese Rechte als wertmindernde Belastungen von dem erworbenen Vermögenswert mit dem kapitalisierten Wert abgezogen. Da die Wertminderung von Jahr zu Jahr geringer wird und im Falle des Todes des Berechtigten ganz entfällt, ist der hierdurch wachsende Wert der Zuwendung insoweit nicht unentgeltlich i.S.v. § 1374 Abs. 2 und damit auch nicht privilegiert.[5]

[5] BGH, Urt. v. 7.9.2005 – XII ZR 209/02, NJW 2005, 3710; BeckOK BGB/Cziupka, § 1374 Rn 28; zur Privilegierung des Wertzuwachses durch "Abschmelzen" der Belastung du...

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