Rz. 13

Der Gegenstandswert zur Berechnung der Gebühren für die gerichtliche Tätigkeit des Anwalts bestimmt sich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften, wobei wiederum auf den Streitwertkatalog des Bundesverwaltungsgerichts abzustellen ist. Im Eilverfahren (§ 80 Abs. 5 VwGO, § 123 VwGO) wird der Streitwert in aller Regel mit 50 % der Hauptsache beziffert, auch dies beruht auf dem Streitwertkatalog des Bundesverwaltungsgerichts (Nr. 1.5).[5]

Bei der Berechnung der konkret anfallenden Gebühren für das Gerichtsverfahren kann auf die Ausführungen im Verkehrszivilrecht verwiesen werden (§ 1 Rdn 195 ff.). Es bestehen insoweit keine Unterschiede. Dies soll ein Beispiel verdeutlichen:

 

Rz. 14

 

Beispiel

Anwalt A vertritt seinen Mandanten zunächst außergerichtlich mit dem Ziel, eine von der Fahrerlaubnisbehörde angekündigte Fahrerlaubnisentziehung (Grund: vermeintlicher Konsum von Amphetamin) abzuwenden. M ist Inhaber der Fahrerlaubnis Klasse B. Die Behörde erlässt einen Entziehungsbescheid, A ficht diesen vor dem Verwaltungsgericht mit der Anfechtungsklage an. Die Klage ist erfolgreich.

Die Gebühren des A berechnen sich nach dem RVG wie folgt:

 
I. Außergerichtliche Tätigkeit (Wert: 5.000 EUR)
1. 1,3-Geschäftsgebühr, VV 2300   434,20 EUR
2. Auslagen, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 454,20 EUR  
3. Umsatzsteuer, VV 7008   86,30 EUR
Gesamt   540,50 EUR
II. Gerichtsverfahren Hauptsache (Wert: 5.000 EUR)
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
./. hälftige Geschäftsgebühr VV 2300 aus 5.000 EUR – 217,10 EUR
Zwischensumme 637,90 EUR  
4. Umsatzsteuer, VV 7008   121,20 EUR
Gesamt   759,10 EUR
 

Rz. 15

Wird neben dem Hauptsacheverfahren zusätzlich ein Eilverfahren (einstweiliger Rechtsschutz) betrieben (§§ 80 Abs. 5, 123 VwGO), insbesondere mit dem Ziel, die – für Betroffene regelmäßig sehr schmerzhafte – vorläufige Vollziehbarkeit von Bescheiden bis zur Entscheidung über die Hauptsache zu beseitigen, entstehen die Gebühren nach Nrn. 3100 ff. VV RVG nochmals, ohne dass es zu einer Anrechnung beim Hauptsacheverfahren kommt. Wie eben erläutert, wird der Streitwert jedoch auf 50 % der Hauptsache reduziert.[6] Er ergibt sich folgende Abrechnung:

 
Praxis-Beispiel
 
III. Gerichtsverfahren Eilverfahren (Wert: 2.500 EUR)
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   288,60 EUR
2. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 308,60 EUR  
3. Umsatzsteuer, VV 7008   58,63 EUR
Gesamt   367,23 EUR
 

Rz. 16

Zu bedenken ist, dass die Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG im einstweiligen Rechtsschutz in der Regel nicht anfallen wird, weil Eilverfahren – jedenfalls im Fahrerlaubnisrecht – zumeist ohne mündliche Verhandlung durchgeführt werden; im Einzelfall kann etwas anderes gelten. Der Anfall einer Terminsgebühr über eine außergerichtliche Besprechung zwischen Behörde und Anwalt, die auf eine Erledigung des Eilverfahrens abzielt, bleibt jedoch denkbar.

 

Rz. 17

Die Rechtsmittel im verwaltungsgerichtlichen Verfahren werden nach Nrn. 3200 bis 3203 VV RVG (Berufung) bzw. Nrn. 3206 ff. VV RVG (Revision) abgerechnet. Eine Besonderheit ist, dass das Rechtsmittel der Berufung, anders als im Zivilrecht, nicht ohne weiteres eingelegt werden kann, sondern – sollte das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zugelassen haben – zunächst die Zulassung der Berufung beantragt werden muss (§ 124 Abs. 1 VwGO). Die Gebühren entsprechen denen des Berufungsverfahrens (Vorb. 3.2 Abs. 1 VV), wobei die Verfahrensgebühr im Zulassungsverfahren und im nachfolgenden Berufungsverfahren nur einmal entsteht, da es sich um dieselbe Angelegenheit handelt (§ 16 Nr. 11 RVG).

 

Rz. 18

 

Beispiel

Anwalt A wird beauftragt, Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis Klasse B bestätigt wurde, einzulegen. A prüft das Urteil und stellt fest, dass das VG die Berufung nicht zugelassen hat. Er stellt Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO), das Oberverwaltungsgericht lässt die Berufung zu. Im nachfolgenden Berufungsverfahren wird ein Verhandlungstermin durchgeführt, die Berufung ist erfolgreich.

Die Gebühren des A berechnen sich nach dem RVG wie folgt:

 
Berufungsverfahren (Wert: 5.000 EUR)
1. 1,6-Verfahrensgebühr, VV 3200   534,40 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3202   400,80 EUR
3. Auslagenpauschale, VV 7002   20,00 EUR
Zwischensumme 955,20 EUR  
4. Umsatzsteuer, VV 7008   181,49 EUR
Gesamt   1.136,69 EUR
 

Rz. 19

Trotz Durchführung des Verfahrens auf Zulassung der Berufung und dem nachfolgenden Berufungsverfahren fällt die Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV RVG) nur einmal an. Es handelt sich insoweit auch nicht um eine Anrechnung.

[5] Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, abrufbar unter www.bverwg.de/rechtsprechung/streitwertkatalog.
[6] Vgl. VGH München, Beschl. v. 5.2.2021 – 11 CS 20.2160, BeckRS 2021, 1655.

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