Rz. 473

Ist der Gesprächspartner zu einer Besprechung nicht bereit und erklärt dies, wird hierdurch die Terminsgebühr nicht ausgelöst!

 

Rz. 474

Für die Entstehung einer Terminsgebühr nach Nr. 3202 i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 Nr. 2 VV RVG reicht es nach Ansicht des BGH aus, wenn bestimmte Rahmenbedingungen für eine mögliche Einigung in mehreren Parallelverfahren abgeklärt und/oder unterschiedliche Vorstellungen der Prozessparteien/Beteiligten über die Erledigung der Parallelfälle unter Einschluss des streitigen Verfahrens ausgetauscht werden.[299]

 

Rz. 475

Eine die Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG auslösende Besprechung im Sinne der Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG setzt nach Ansicht des BAG[300] die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten. Ist schon vor Beginn des Gesprächs eine Einigung erzielt worden, wird die Terminsgebühr durch ein nachgeholtes Gespräch nicht mehr ausgelöst.[301] Wird jedoch z.B. ein Telefongespräch zwischen den beiden anwaltlichen Vertretern geführt, in dem der Antragsgegnervertreter dem Antragstellervertreter die Zahlung der Forderung mitteilt, die Prüfung und Bestätigung der Erledigung des Verfahrens erbittet und sich der Antragsgegnervertreter mit dem Antragstellervertreter über eine Kostenbeteiligung des Antragstellers austauscht, kann eine Terminsgebühr nach dem Kostenwert der Erledigung entstehen.[302]

 

Rz. 476

Erfolgt z.B. lediglich eine Sachstandsanfrage, die Einholung von Informationen, die Bitte um Zustimmung zur Fristverlängerung, eine Anfrage, ob auf einen Zeugen verzichtet werden kann, entsteht die Terminsgebühr nicht.

 

Rz. 477

Muster 69: Musterrechnung 4.69: Verfahrensauftrag – Versuch einer Besprechung – Antrag – Termin

 

Musterrechnung 4.69: Verfahrensauftrag – Versuch einer Besprechung – Antrag – Termin

Rechtsanwältin M hat in einem Sorgerechtsfall den Auftrag, ein gerichtliches Verfahren einzuleiten. Im Interesse des Kindes möchte Rechtsanwältin M den Versuch unternehmen, die Angelegenheit doch noch außergerichtlich zu bereinigen. Rechtsanwältin M lässt sich mit dem gegnerischen Kollegen verbinden. Dieser ist an einem Gespräch nicht interessiert und erklärt Rechtsanwältin M ohne Umschweife, dass er nicht bereit ist, die Angelegenheit am Telefon mit ihr zu besprechen. Rechtsanwältin M stellt daraufhin den Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf ihre Mandantin beim zuständigen Familiengericht. Nach einem Gerichtstermin erlässt das Gericht antragsgemäß einen Beschluss.

Verfahrenswert: 3.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S 1 RVG, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
261,30 EUR

1,2 Terminsgebühr

Nr. 3104 VV RVG
241,20 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 522,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 99,28 EUR

Lösung

Summe
621,78 EUR
 

Hinweis

Die Terminsgebühr entsteht hier wegen der Wahrnehmung des Termins, nicht aufgrund des Telefonats.

Zum Gegenstandswert siehe § 2 Rdn 338.

 

Rz. 478

 

Praxistipp

Der Rechtsanwalt, der für seinen Mandanten den Anfall einer Terminsgebühr vermeiden will, sollte daher immer bedenken, dass plötzliche Anrufe eines Gegenanwalts möglicherweise erfolgen, um die Terminsgebühr auszulösen.

 

Rz. 479

Die Besprechung muss nicht notwendig streitig geführt werden. Allein ausschlaggebend ist, dass die Besprechung mit dem Ziel, ein Verfahren zu vermeiden oder aber zu erledigen, geführt wird. Wird daher beispielsweise ein Vergleichsvorschlag schriftlich unterbreitet und dann in einem Telefonat der Inhalt des Vergleichsvorschlags nochmals dargelegt und hört der gegnerische Anwalt zu und erklärt, diesen Vergleichsvorschlag mit dem Auftraggeber besprechen zu wollen, so ist nach Ansicht der Verfasserin die Terminsgebühr entstanden. (Zur sinnvollen Dokumentation der Terminsgebühr in solchen Fällen vgl. Rdn 485.)

 

Rz. 480

Auch bei Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe muss nach der zutreffenden Ansicht von Kindermann eine Terminsgebühr von der Staatskasse festgesetzt werden, die durch eine Besprechung, wie sie in Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG aufgenommen ist, entstanden ist.[303]

 

Rz. 481

Zur Frage, wann eine Terminsgebühr im Falle einer Beiordnung in einer Ehesache nach § 48 Abs. 3 RVG durch die Staatskasse zu erstatten ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen (siehe Rdn 274 ff.).

[300] BAG, Beschl. v. 19.2.2013 – 10 AZB 2/13 = NZA 2013, 395 = BeckRS 2013, 67115 = FD-RVG 2013, 345908; ebenso: OVG Münster, Urt. v. 6.3.2013 – 6 E 1104/12 = BeckRS 2013, 51228.
[301] BGH, Beschl. v. 9.5.2017 – VIII ZB 55/16, BeckRS 2017, 111819.
[302] OLG Hamburg Beschl. v. 25.10.2016 – 8 W 106/16, BeckRS 2016, 116423.
[303] Kindermann, Rn 412.

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