Rz. 250

Schon vor FGG-Reform wurde durch einige Gerichte der Anfall einer Einigungsgebühr bei einem Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Rahmen einer Einigung nach § 1587o BGB a.F. (zum 1.9.2009 aufgehoben) bejaht.[181]

 

Rz. 251

Im vorliegenden Fall hatten die Beteiligten die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgeschlossen und vom Familiengericht genehmigen lassen. Das OLG Nürnberg hat den Anfall einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG bejaht, da eben nicht ausschließlich ein Verzicht im Sinne der Anmerkung Abs. 1 zu Nr. 1000 VV RVG vorläge.[182] Nach dem Willen des Gesetzgebers, so befand das OLG Nürnberg, sei mit diesem in Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV RVG erwähnten Verzicht der ausschließliche Verzicht gemeint, wenn beispielsweise in einem kontradiktorischen Verfahren eine Partei zunächst einen Anspruch geltend macht und dann in der Folge auf diesen Anspruch vollständig verzichtet. Bei einem wechselseitigen Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs komme daher der Ausschluss der Einigungsgebühr nicht zum Tragen. Nach Ansicht des OLG Nürnberg steht dem Entstehen einer Einigungsgebühr auch nicht entgegen, dass die Vereinbarung der Beteiligten zum Versorgungsausgleich der Genehmigung des Familiengerichts bedurfte, da mit der Genehmigungsbedürftigkeit die Dispositionsbefugnis der Ehegatten zwar eingeschränkt, jedoch nicht ausgeschlossen ist. Das OLG Stuttgart hat sich gegen den Anfall einer Einigungsgebühr bei einem Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs entschieden, da nach seiner Auffassung Abs. 1 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV RVG zur Anwendung kommt und die Einigungsgebühr nicht entstehen kann, weil es hier um einen ausschließlichen Verzicht gehe. Das OLG Stuttgart vertritt die Auffassung, dass es sich damit auch nicht den Widerspruch zur Entscheidung des OLG Koblenz setzt, das bei gegenseitigem Unterhaltsverzicht den Anfall einer Einigungsgebühr bejaht habe. Denn anders als beim gegenseitigen Unterhaltsverzicht würde der Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs betreffend einer Partei von vornherein inhaltsleer sein und damit dem Anfall einer Einigungsgebühr entgegenstehen.[183] Das OLG Karlsruhe verneint den Anfall einer Einigungsgebühr aus ähnlichen Gründen, erwähnt darüber hinaus jedoch, dass trotz des erklärten wechselseitigen Verzichts kein gegenseitiges Nachgeben vorliege, da lediglich nur eine der Prozessparteien vollständig auf den ihr allein zustehenden Ausgleich verzichte, da der Versorgungsausgleich nur einem der Ehepartner zustehen könne. Das OLG Karlsruhe verkennt dabei jedoch, dass das RVG für die Einigungsgebühr ein gegenseitiges Nachgeben nicht mehr fordert.

 

Rz. 252

Da nach dem neuen Versorgungsausgleichsrecht die Anwartschaften getrennt ausgeglichen werden können und die Autonomie der Beteiligten, durch Abfindungsregelungen sich über den Versorgungsausgleich zu verständigen, gestärkt werden, sind meines Erachtens die obigen Argumente der OLGe Stuttgart und Karlsruhe obsolet geworden.

 

Rz. 253

In der Vergangenheit, d.h. vor dem 1.9.2009, nahm die Rechtsprechung häufig einen einseitigen Verzicht an, wenn auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet wurde mit der Folge, dass eine Einigungsgebühr nicht entstehen konnte. Nach altem Recht wurden die Versorgungsausgleichsansprüche in ihrer Summe saldiert, so dass es im Ergebnis nur einen Ausgleichsanspruch eines Ehegatten gab.[184] Nach neuem Recht ist nunmehr nach §§ 10 ff. VersAusglG ein Hin- und Her-Ausgleich für jedes einzelne Anrecht der Beteiligten vorzunehmen, so dass ein wechselseitiger Verzicht vorliegt, der die Einigungsgebühr auslöst.[185]

 

Rz. 254

Das OLG München hat damit richtig entschieden:[186]

Zitat

"1." Nach dem am 1.9.2009 in Kraft getretenen Versorgungsausgleichsgesetz ist ein Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs wechselseitig, wenn beide Beteiligte Versorgungsanwartschaften erworben haben.
2. Bei einem derart wechselseitigen Verzicht der Beteiligten steht dem mitwirkenden Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer zu (im Anschluss an OLG Hamm NJOZ 2012, 383).)“ (Leitsätze des Gerichts)

Nur bei einem einseitigen Verzicht bleibt es dabei, dass eine Einigungsgebühr nicht entstehen kann.[187]

 

Rz. 255

Eine Einigungsgebühr kann aber nicht nur bei Ausschluss des Versorgungsausgleichs entstehen, sondern auch, wenn sich die Beteiligten über eine wesentliche Grundlage für die Durchführung des Versorgungsausgleichs einigen.

Zitat

"1." Eine Einigungsgebühr entsteht im Versorgungsausgleichsverfahren nicht nur dann, wenn eine gerichtliche Entscheidung über den Versorgungsausgleich insgesamt entbehrlich wird, sondern bereits dann, wenn sich die Beteiligten über eine wesentliche Grundlage für die Durchführung des Versorgungsausgleichs – hier: Berechnung der Startgutschriften – endgültig einigen.
2. Der Gegenstandswert der Einigungsgebühr richtet sich in diesem Fall nach dem Wert des Teilvergleichs und ist in der Regel niedrige...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge