Rz. 132

Die Verjährung der in § 437 BGB bezeichneten Ansprüche kann gemäß § 476 Abs. 2 Satz 1 BGB[352] – entsprechend § 476 Abs. 2 BGB alt – vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nicht durch Rechtsgeschäft erleichtert werden (Vereinbarung über die Verkürzung von Verjährungsfristen),[353] wenn die Vereinbarung zu einer Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn

von weniger als zwei Jahren (bei neu hergestellten Sachen, entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben) und
bei gebrauchten Sachen von weniger als einem Jahr

führt (Anforderungen an die Verjährung verkürzende Vereinbarungen).

 

Rz. 133

Die Regelung in Bezug auf gebrauchte Sachen setzt Art. 10 Abs. 5[354] und Abs. 6 WKRL[355] um, mit der der europäische Richtliniengeber der Ferenschild-Entscheidung des EuGH[356] folgt, in der der EuGH konstatiert hat, dass die VerbrGKRL bei gebrauchten Sachen allein eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist, nicht jedoch die Verkürzung einer Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Mängeln zulässt.[357] Mitgliedstaaten – wie Deutschland –, die ausschließlich eine Verjährungsfrist (und keine Gewährleistungsfrist) vorgeben, "können danach vorsehen, dass sich Verkäufer und Verbraucher im Fall von gebrauchten Sachen auch auf eine kürzere als die gesetzliche Verjährungsfrist einigen können, sofern diese Frist ein Jahr nicht unterschreitet".[358] Der deutsche Gesetzgeber hat davon Gebrauch gemacht, "weil für viele gebrauchte Sachen die Marktfähigkeit häufig erst durch eine Verkürzung der Verjährungsfrist hergestellt wird", weshalb "im Interesse der Marktteilnehmer und des nachhaltigen Konsums eine solche Verkürzung der Verjährungsfrist durch Vereinbarung bei gebrauchten Sachen zuzulassen" sei.[359]

Da sich die Parteien auf eine Verkürzung der Dauer der Aktualisierungsverpflichtung nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 5 WKRL[360] – umgesetzt in § 476 Abs. 1 Satz 2 BGB – einigen können, hat der Gesetzgeber im Interesse der Rechtsklarheit entschieden, keine Unterscheidung in den Anforderungen zu treffen. Damit ist auch in Bezug auf eine Verkürzung der Verjährungsfrist keine einfache Vereinbarung statthaft. Auch diese wird – aufgrund der sehr komplexen Rechtslage, die im Falle einer Differenzierung zu Rechtsunsicherheit führen würde[361] – von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht: Eine entsprechende Vereinbarung, die die Verjährungsfrist bei gebrauchten Sachen auf weniger als ein Jahr verlängert, ist nach § 476 Abs. 2 Satz 2 BGB[362] unter denselben Bedingungen wie eine negative Beschaffenheitsvereinbarung nur wirksam, wenn

der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt (Nr. 1) und
die Verkürzung der Verjährungsfrist im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde (Nr. 2).

Damit werden an eine vertragliche Abweichung von den gesetzlichen Verjährungsfristen dieselben Anforderungen gestellt, die auch bei einer Abweichung von den objektiven Anforderungen an die Vertragsmäßigkeit bestehen (arg.: "Eine solche einheitliche Regelung dient der Rechtsklarheit und vereinfacht den Wirtschaftsteilnehmern die Rechtsanwendung").[363]

 

Rz. 134

Wilke[364] merkt an, dass dies zwar bspw. im Gebrauchtwagenhandel für einen erhöhten Verbraucherschutz sorge, doch seien die vollharmonisierten Vorgaben der WKRL entscheidend, deren Art. 10 Abs. 6 nur eine Öffnung in zeitlicher Hinsicht enthält.

[352] Näher HK-BGB/Saenger, § 476 Rn 6 ff.
[353] Näher Brönneke/Föhlisch/Tonner/Brönneke/Schmidt/Willburger, Das neue Schuldrecht, § 4 Rn 88.
[354] Siehe dazu Fn 173.
[355] "Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass sich der Verkäufer und der Verbraucher im Falle von gebrauchten Waren auf Vertragsklauseln oder Vereinbarungen über kürzere Haftungszeiträume oder Verjährungsfristen als in den Absätzen 1, 2 und 5 genannt einigen können, sofern diese kürzeren Fristen ein Jahr nicht unterschreiten". "Da eine § 475e Abs. 3 BGB (…) entsprechende Norm fehlt, die (…) eine effektive Geltendmachung gegen Ende der Verjährungsfrist erlauben würde, lässt sich aber bezweifeln, dass die alte/neue Lösung in jeder Hinsicht der Warenkauf-RL entspricht": Wilke, VuR 2021, 283, 290 unter Bezugnahme auf Rapp, NJW 2021, 969, 972 f.
[356] EuGH, Urt. v. 13.7.2017 – Rs. C-133/16, BeckRS 2017, 116664.
[357] Der BGH (Urt. v. 18.11.2020 – VIII ZR 78/20, NJW 2021, 1008) hat im Nachgang zur Ferenschild-Entscheidung des EuGH eine richtlinienkonforme Auslegung des (vormaligen) deutschen Rechts abgelehnt, "ohne auf den etwaigen Spielraum des AGB-Rechts einzugehen": Wilke, VuR 2021, 283, 290. Kritisch zur Ansicht des BGH Pfeiffer, LMK 2021, 435952.
[358] RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 43.
[359] RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 43.
[360] Siehe dazu Fn 173.
[361] RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 43.
[362] Näher HK-BGB/Saenger, § 476 Rn 11.
[363] RegE, BT-Drucks 19/27424, S. 43.
[364] Wilke, VuR 2021, 283, 292: "Es ist schon nicht sicher, dass der EuGH den … Erst-recht-Schluss aus Art. 10 Ab...

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