Rz. 192

Über die in § 7 Abs. 2 und 3 StVG normierten Fallgestaltungen hinaus[561] ist die Gefährdungshaftung unter bestimmten weiteren Umständen ausgeschlossen. Zum Haftungsausschluss kommt es nach § 8 StVG bei langsam fahrenden Fahrzeugen (Nr. 1), gegenüber bei dem Betrieb des Kfz oder des Anhängers tätigen Personen (Nr. 2) sowie schließlich im Falle der Beförderung von Sachen (Nr. 3). Unter den Einschränkungen des § 8a StVG ist ein vertraglicher Haftungsausschluss zulässig. Liegt ein Haftungsausschluss vor, entfällt damit jede Haftung des Halters aus dem StVG überhaupt. Ansprüche können daher nur nach anderen Bestimmungen, insbesondere solchen des BGB geltend gemacht werden. Sie bleiben insoweit ausweislich des § 16 StVG von einem Haftungsausschluss nach dem StVG unberührt.

 

Rz. 193

Beide genannten Vorschriften gehen in ihrer heutigen Ausgestaltung auf das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.7.2002[562] zurück. Ausweislich der Begründung zum gleichnamigen Gesetzentwurf vom 7.12.2001[563] griff die Neuregelung nach Nr. 1 den 1. Halbsatz des § 8 StVG a.F. auf und erweiterte ihn auch auf die Gefährdungshaftung des Anhängerhalters; die Halterhaftung des § 7 StVG sollte demnach nicht nur – wie bis dahin – für den Halter eines Kraftfahrzeugs ausgeschlossen sein, das nicht mehr als 20 Stundenkilometer fahren kann, sondern auch für Anhänger, die von einer solchen Zugmaschine gezogen werden. Nr. 2 griff den 2. Halbsatz des § 8 StVG a.F. auf und fasste ihn aus redaktionellen Gründen als eigenständige Ziffer. Nr. 3 knüpfte an § 8a Abs. 1 S. 2 a.F. an und modifizierte diesen vor dem Hintergrund der erweiterten Insassenhaftung des neuen § 8a StVG; auch weiterhin soll für beförderte Sachen bei deren Beschädigung grundsätzlich nicht im Rahmen der Gefährdungshaftung nach dem StVG gehaftet werden. Hinsichtlich der nach § 8a StVG neu gefassten Regelung zur Personenbeförderung wurde das Verbot des Haftungsausschlusses bzw. der Haftungsbeschränkung für den Fall der entgeltlichen Personenbeförderung mit dem Hinweis auf die internationale Rechtsentwicklung und eine entsprechende Forderung des Verkehrsgerichtstages 1995 begründet. Die Neuregelung ziele darauf, grundsätzlich allen Fahrzeuginsassen einen Ersatz für die von ihnen erlittenen Körperschäden zu gewähren.

 

Rz. 194

Weil in § 8 StVG und § 8a StVG Ausnahmen gegenüber der Gefährdungshaftung normieren, muss der in Anspruch genommene Halter bzw. der Fahrer deren Vorliegen beweisen.[564] Liegen die Voraussetzungen für die Ausnahmen vor, so ist nicht nur die StVG-Halterhaftung ausgeschlossen, sondern auch die Haftung des Fahrers aus § 18 StVG.[565] Als Ausnahmevorschrift muss namentlich § 8 StVG eng ausgelegt werden.[566]

[561] Zum Haftungsausschluss bei höherer Gewalt Rdn 100 ff.; zu den Fällen nach § 7 Abs. 3 STVG siehe Rdn 106 ff.
[562] BGBl I S. 2674.
[563] Zum Ganzen vgl. BT-Drucks 14/7752 S. 31 f. (Zu Artikel 4 Nr. 2 und 3).
[564] Vgl. BGH, Urt. v. 17.6.1997 – VI ZR 156/96, BGHZ 136, 69 = VersR 1997, 1115 = MDR 1997, 827 = NJW 1997, 2517; ferner RG, Urt. v. 8.4.1929 – VI 635/28, RGZ 124, 111 (114 f.); RG, Urt. v. 7.4.1930 – VI 400/29, RGZ 128, 149 (152); OLG Köln, Urt. v. 6.8.1986 – 13 U 55/86, VersR 1988, 194.
[565] BGH, Urt. v. 30.11.1976 – VI ZR 12/76, VersR 1977, 228 = MDR 1977, 385.
[566] Vgl. BGH, Urt. v. 6.11.2007 – VI ZR 220/06, VersR 2008, 230 Rn 11 = MDR 2008, 140 = NZV 2008, 83 m.w.N.; BGH, Urt. v. 18.3.1953 – VI ZR 55/52, BGHZ 9, 123 (124); BGH, Urt. v. 3.12.1991 – IV ZR 378/90, BGHZ 116, 200 (205); BGH, Urt. v. 17.6.1997 – VI ZR 156/96, BGHZ 136, 69 (72).

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