Rz. 15

Ist der Bewerber nur bedingt geeignet (siehe auch unten § 20 Rdn 3), kann jedoch durch entsprechende Auflagen und Beschränkungen zur FE das sichere Führen des Kfz gewährleistet werden, so hat der FE-Bewerber letztendlich mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einen Rechtsanspruch auf eine entsprechend modifizierte FE,[16] § 2 Abs. 4 S. 2 StVG; §§ 11 Abs. 2 S. 1, 23 Abs. 2 FeV. Daneben gelten für Beschränkungen und Auflagen im Übrigen die allgemeinen Regelungen des § 36 VwVfG.

 

Rz. 16

Ein Fahreignungsgutachten, das keine Stellung nimmt zur Frage der bedingten Eignung ist mit Blick auf den dahinter stehenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht[17] grundsätzlich unvollständig und fehlerhaft und damit auch nicht nachvollziehbar.[18]

 

Rz. 17

Speziell zu den Beschränkungen und Auflagen führen die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung aus:

 

Rz. 18

"Auflagen richten sich an den Fahrzeugführer, z.B. sich in bestimmten zeitlichen Abständen ärztlichen Nachuntersuchungen zu unterziehen[19] oder beim Führen eines Kfz stets eine Brille zu tragen.[20]"

 

Rz. 19

Beschränkungen betreffen das Fahrzeug: Sie beschränken den Geltungsbereich einer erteilten FE auf bestimmte Fahrzeugarten oder auf bestimmte Fahrzeuge mit besonderen Einrichtungen, z.B. mit automatischer Kraftübertragung, Handgasbetätigung etc."

 

Rz. 20

Fraglich ist, ob die bedingte Eignung bei charakterlichen Mängeln möglich ist. Dazu sagt die BT-Drucks 13/6914: "Fälle bedingter Eignung sind nur im Bereich der körperlichen und geistigen Eignung denkbar, etwa wenn es darum geht, bestimmte körperliche Mängel durch Anpassungen am Fahrzeug auszugleichen, nicht aber im Bereich der charakterlichen Eignung."[21] Eine Reihe von Autoren hält dies aber unter bestimmten Umständen für möglich.[22]

 

Rz. 21

Die Wiedererteilung der FE unter Auflagen räumt einen Vertrauensvorschuss ein. Der aufgrund der Prognose als "bedingt geeignet" angesehene Kraftfahrer erlangt eine Rechtsposition, die nicht ohne gewichtige Gründe wieder in Frage gestellt werden kann.[23] Das Institut der bedingten Eignung kann nicht Grundlage einer umfassenden und länger angelegten Kontrolle der allgemeinen Lebensführung des Betroffenen sein.[24]

 

Rz. 22

Die FE-Behörde, die dem Betroffenen mit einer Wiedererteilung der FE unter Auflagen einen Vertrauensvorschuss eingeräumt hat, darf sich in der Folgezeit hierzu nicht in Widerspruch setzen.[25] Für eine abweichende Bewertung ist nur dann erst wieder Raum, wenn sich nach der Wiedererteilung neue Umstände ergeben haben (wie z.B. neue Verkehrsauffälligkeiten, Anzeichen für veränderte Trinkgewohnheiten oder Ähnliches), die die Fahreignung wieder in Frage stellen können.[26] Dies gilt jedenfalls für die zu Recht unter Auflagen erteilte FE.

 

Rz. 23

Sind Verkehrsauffälligkeiten seit der Wiedererteilung der FE unter Auflagen nicht bekannt geworden und hat sich der Betroffene an die Auflagen gehalten, dann soll die FE-Behörde nicht mehr auf ein für ihn negatives medizinisch-psychologisches Gutachten zurückgreifen können, das schon im Zeitpunkt der Wiedererteilung der FE unter Auflagen der Behörde vorlag und bekannt war. Dies soll auch dann gelten, wenn sich die FE-Behörde damals über das nachvollziehbare negative medizinisch-psychologische Gutachten nicht hätte hinwegsetzen dürfen.[27]

 

Rz. 24

 

Achtung!

In Fällen, in denen der Kraftfahrer nicht aufgrund der Prognose als "bedingt geeignet" angesehen wurde, sondern in denen ohne eine Änderung der Sach- und Rechtslage ein bereits bei der Erteilung der FE bestehender Eignungsmangel erst nachträglich offenbar wird, erlangt der Kraftfahrer keine entsprechende Rechtsposition.

Nach HambOVG[28] und VGH BW[29] kann eine FE auch dann nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV entzogen werden, wenn die Eignung oder Befähigung zum Führen eines Kfz schon im Zeitpunkt der Erteilung der FE gefehlt hat und die aus diesem Grund rechtswidrige Erlaubnis ohne eine Änderung der Sach- und Rechtslage mit Wirkung für die Zukunft zum Erlöschen gebracht werden soll, weil Eignung und Befähigung weiterhin fehlen (sie konnten insbesondere in der Zwischenzeit nicht erworben werden). Deren Fehlen "erweist" sich in einem solchen Fall durch richtige Rechtserkenntnis. Dabei geht der VGH BW davon aus, dass eine Entziehung der FE wegen mangelnder Eignung nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV auch dann in Betracht kommt, wenn ein bereits bei der Erteilung der FE bestehender Eignungsmangel erst nachträglich offenbar wird.[30] In diesem Fall muss dem Betroffenen vor Entziehung der FE nicht einmal die Möglichkeit zur Vorlage eines (weiteren) Eignungsgutachtens eingeräumt werden.[31]

[16] Beispiele bei Jagow, DAR 1997, 16; Bode/Winkler, § 3 Rn 49 ff.
[17] Vgl. BVerfG zfs 1993, 285.
[18] Vgl. Himmelreich, DAR 1996, 128, 129.
[19] Vgl. dazu z.B. VG Stade, Urt. v. 23.7.2003 – 1 A 1865/02, zfs 2003, 574: Aufl. der Nachuntersuchung mit Blick auf die zur Fahreignung notwendige Stabilisierung eines für die Zukunft positiv prognostizie...

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