Rz. 5

Mit Blick auf den Gesichtspunkt der Freiwilligkeit wird bereits heute die Einwilligung im Arbeitsrecht und auch bei allen anderen Beschäftigungsverhältnissen als problematisch[10] eingestuft.

 

Rz. 6

Die Problematik konzentriert sich dabei auf die regelmäßig existenzielle Bedeutung des Arbeitsplatzes, die dazu führen soll, dass ein Beschäftigter normalerweise nicht dem "Wunsch" seines Arbeitgebers oder Dienstherrn nach einer "freiwilligen" Zustimmung wirksam entgehen könne. Deshalb wird die Möglichkeit der Einwilligung des Arbeitnehmers/Beschäftigten als Erlaubnis zur Erhebung und Verwendung von Arbeitnehmerdaten außerhalb der vom Gesetz ausdrücklich zugelassenen Anwendungsfälle von Teilen der bundesdeutschen Literatur generell abgelehnt.[11] Die Vertreter, die eine Einwilligung im Arbeitsverhältnis als unzulässig ansehen, begründen dies insbesondere damit, dass eine "Einwilligung unzulässige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht legitimieren" könne, weil dem Arbeitnehmer die nötige Unabhängigkeit fehle, die im Rahmen einer freiwilligen Entscheidungsfindung von entscheidendem Interesse sei.[12] Wegen des im Beschäftigungsverhältnis bestehenden Machtungleichgewichtes zwischen Verantwortlichem (Arbeitgeber/Dienstherr) und Betroffenem (Arbeitnehmer/Beschäftigter) sei die Freiheit des Einzelnen zur Selbstbestimmung notwendigerweise ausgeschlossen.

 

Rz. 7

Man wird indes nicht generell davon ausgehen können, dass Arbeitnehmer/Beschäftigte grundsätzlich nicht in der Lage seien, frei und ohne Druck zu entscheiden, ob sie eine Einwilligungserklärung gegenüber ihrem Arbeitgeber als Verantwortlichem abgeben sollen.[13] Es wäre vielmehr mit den Grundsätzen der Charta unvereinbar, den Betroffenen im Rahmen von Arbeits- und/oder Beschäftigungsverhältnissen in der Weise zu entmündigen, dass er nicht mehr berechtigt wäre, eine Verarbeitung seiner Daten zu billigen und für deren Zulässigkeit nur noch objektive Kriterien und nicht sein subjektives Empfinden maßgebend sein zu lassen.[14]

 

Rz. 8

Ohne auf die speziellen Fallgestaltungen des Datenschutzrechtes im Beschäftigungsverhältnis an dieser Stelle näher eingehen zu wollen, sei unter Berücksichtigung des Vorgenannten und unter dem Stichwort der Freiwilligkeit festgehalten, dass grundsätzlich auch im Arbeitsverhältnis die Möglichkeit der Erteilung einer Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten nicht grundsätzlich ausscheidet. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass an die Erteilung einer Einwilligung im Arbeitsverhältnis mit Blick auf die Freiwilligkeit hohe Anforderungen zu stellen sind. Eine Einwilligung scheidet nur aus, wenn nachweislich aus der Verweigerung der Einwilligung oder aus dem Widerruf der Einwilligung für den Beschäftigten ein Nachteil entsteht oder aus seiner Sicht entstehen könnte. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer in seiner Willensbildung grundsätzlich autonom ist und aus dem Arbeitsverhältnis "nicht automatisch stets aufgrund einer wirtschaftlichen Machtposition des Arbeitgebers ein solcher Druck entsteht, der keinen Spielraum für Einwilligungen im Arbeitsverhältnis mehr belässt".[15]

 

Rz. 9

Wird eine Einwilligung vom Beschäftigten erbeten und ist die Nichteinwilligung nicht mit tatsächlichen oder potenziellen Nachteilen für ihn verbunden, so ist eine solche Einwilligung freiwillig. Nur dort, wo der Beschäftigte keine Möglichkeit zur Ablehnung hat, kann nicht von Freiwilligkeit gesprochen werden. Nach Auffassung der Art. 29-Datenschutzgruppe können insbesondere Probleme bestehen, wenn die Einwilligung Einstellungsvoraussetzung ist. Zwar habe der Bewerber in einer solchen Situation "theoretisch das Recht, die Einwilligung zu verweigern, er müsse aber in diesem Fall damit rechnen, dass er die Chance auf eine bestimmte Stelle verliert, weswegen unter solchen Umständen die Einwilligung nicht freiwillig erteilt werden könne".[16]

 

Rz. 10

Ob die Kritik in ihrer Gänze berechtigt ist, erscheint fraglich. Zwar stellt sich auch hier die Frage, ob grundsätzlich und generell davon ausgegangen werden kann, dass im Rahmen der Begründung von Arbeitsverhältnissen eine freiwillige Einwilligungserklärung des Betroffenen ausscheiden muss. Zugegeben, jeder Bewerber hofft auf den Erhalt der ausgeschriebenen Stelle, aber macht ihn dies zugleich zum Abhängigen, der grundsätzlich nicht mehr freiwillig und informiert über sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung entscheiden kann? Dies erscheint fraglich. Vielmehr gibt es, wie Thüsing[17] zutreffend formuliert, "keinen Grund dafür, den Datenschutz gegen den zu schützen, der durch den Datenschutz geschützt ist. Es wäre vielmehr eine Beschränkung der Grundrechte des Arbeitnehmers, die der Rechtfertigung bedarf – und die fehlt, wo der Entschluss des Arbeitnehmers tatsächlich freiwillig, informiert und jederzeit widerruflich erfolgt."[18]

 

Rz. 11

Dementsprechend kann auch die Durchführung von Einstellungs- und Eignungstests nicht grundsätzlich als unzulässig angesehen werden. Hier wir...

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