Rz. 22

Ein Fahrzeugführer verstößt in schuldhafter Weise gegen sog. Kardinal- bzw. Garantiepflichten im Straßenverkehr, während bei dem anderen Teil nur die einfache Betriebsgefahr verbleibt. In diesem Fall treten die einfache Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs und damit die Haftung des anderen Teils hinter der erhöhten Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs und dem (zusätzlich festgestellten) Verschulden des anderen Fahrzeugführers zurück.

Angesichts der an sich vom Gesetz vorgesehenen umfassenden Gefährdungshaftung des Halters tritt seine Haftung i.d.R. nur dann vollständig zurück, wenn neben einer erhöhten Betriebsgefahr auch ein schuldhaftes Verhalten des anderen Teils gegeben ist.[21] In der Rechtsprechung wird ein schuldhaftes Verhalten i.d.R. bei einem Verstoß gegen eine Kardinal- oder Garantiepflicht nach der StVO bejaht, da der Fahrzeugführer insoweit nahe liegende Verhaltenspflichten der StVO nicht sorgfaltsgemäß beachtet hat.[22] Letztendlich ist und bleibt dies aber eine Entscheidung des Einzelfalls. Fehlt es an einem solchen besonders schwerwiegender Verstoß (bei sogenannten verkehrsrechtlichen "Todsünden") im Straßenverkehr, verbleibt es bei der Mithaftung aus der einfachen Betriebsgefahr in Höhe von mindestens 20 %.[23]

[21] Nugel, NJW 2013, 193 ff. m.w.N.
[22] Grundlegend: BGH, Urt. v. 23.1.1996 – VI ZR 291/94 = NZV 1996, 272.
[23] BGH, Urt. v. 28.4.2015 – VI ZR 206/14 – juris; OLG Stuttgart, Urt. v. 6.10.1999 – 4 U 73/99 = DAR 2000, 35; LG Wuppertal, Urt. v. 18.12.2014 – 9 S 174/14 – juris; LG Saarbrücken, Urt. v. 13.6.2014 – 13 S 56/14 – juris.

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