Rz. 92

Die Überlassung von Telefonen kann unter mehreren Gesichtspunkten Mitbestimmungstatbeständen unterfallen, sofern es sich um einen kollektiven Tatbestand handelt. Die Überlassung im Einzelfall ist ­dagegen mitbestimmungsfrei. Mitbestimmungsfrei ist auch die Entscheidung des Arbeitgebers, die Privatnutzung des überlassenen Geräts zu erlauben oder nicht. Die Duldung der Privatnutzung ist eine freiwillige arbeitgeberseitige Leistung. Nach allgemeinen Grundsätzen steht dem Betriebsrat bei der Entscheidung über das "ob" dieser Leistung kein Mitbestimmungsrecht zu.

 

Rz. 93

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat ein umfassendes und erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt oder geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dies trifft auf Mobiltelefone allgemein zu, da sie Kommunikationsdaten protokollieren. Zudem sind sie zu orten. Erst recht gilt dies für iPhone und iPad, bei denen mit der Funktion "iPhone/iPad finden" bereits werksseitig eine Möglichkeit der Ortung besteht. Hieraus ergeben sich die folgenden Anknüpfungspunkte für Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats:

 

Rz. 94

Problematisch stellt sich die Überlassung von Mobiltelefonen dann dar, wenn hiermit Einzelverbindungsnachweise einhergehen. Denn anders als Telefonanlagen, deren Einrichtung ohne Weiteres dem Mitbestimmungstatbestand unterfällt, dienen Mobiltelefone als solche nicht ihrer Bestimmung nach der Überwachung der Arbeitnehmer. Die Überwachungsmöglichkeit ergibt sich lediglich mittelbar aus der Möglichkeit der Telefone. Ein Mitbestimmungsrecht wird zwar nicht alleine dadurch begründet, dass ein Gerät entsprechende Möglichkeiten aufweist und Daten speichert.[81] Allerdings ist der Einzelverbindungsnachweis bei Mobiltelefonen mittlerweile Marktstandard, so dass viel dafür spricht, die Einführung von Mobiltelefonen als Arbeitsmittel für die Arbeitnehmer generell dem Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu unterwerfen.[82]

 

Rz. 95

Zweiter Ansatzpunkt für ein zwingendes Mitbestimmungsrecht ist die mittlerweile technisch gegebene Möglichkeit, den Standort des Nutzers zu lokalisieren. Die Ermittlung des Aufenthaltsorts gelingt deshalb, weil ein Handy nicht nur Funksignale empfängt, sondern auch sendet. Die Lokalisierung eines Handys erfolgt über die so genannte gesprächsführende Mobilfunkzelle. Die Mobilfunkanbieter bieten über die Standortlokalisierung sog. Location Based Services an. Die technische Entwicklung der vergangenen Jahre hat die entsprechenden standortbezogenen Funktionen mittlerweile zum Standard gemacht, soziale Netzwerke, Messangerdienste und Apps wie "Freunde" setzen darauf auf und erlauben eine im Rahmen der Möglichkeiten des GPS-Systems präzise Überwachung des Standorts der jeweiligen Mobilteile. Bei iPhone und iPad besteht mit der an den jeweiligen Apple-Account gebundenen Funktion "iPhone/iPad finden" bereits werksseitig eine Möglichkeit der Ortung. Mit Blick auf die technischen Überwachungsmöglichkeiten ist ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Einführung der Vergabe von Mobiltelefonen, Smartphones sowie Wearables deshalb zu bejahen.

Ein Rahmen für eine entsprechende Betriebsvereinbarung findet sich im Anhang.

[81] Vgl. Richardi/Richardi/Maschmann, § 87 BetrVG Rn 513.
[82] So auch Fitting u.a., § 87 BetrVG Rn 244; Balke/Müller, DB 1997, 326; Küttner/Kreitner, Personalbuch 2021, Internet-/Telefonnutzung, Rn 19; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn 62.

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