Rz. 172

Durch den sog. Beihilfenkompromiss[186] hatte sich der deutsche Rundfunkgesetzgeber verpflichtet, Vorschriften in den damals geltenden Rundfunkstaatsvertrag aufzunehmen, die die "kommerziellen Tätigkeiten" in der Weise regeln, dass diese nur unter Marktbedingungen erbracht werden dürfen und von den übrigen Tätigkeiten durch gesonderte Rechnungslegung zu trennen sind (Trennungsrechnung).

 

Rz. 173

Zu den kommerziellen Tätigkeiten zählen insbesondere Werbung und Sponsoring, Verwertungsaktivitäten (Lizenzierungen), Merchandising, Produktion für Dritte und die Vermietung von Sendestandorten für Dritte. Diese Tätigkeiten dürfen nur unter Marktbedingungen erbracht werden. Sie sind durch rechtlich selbstständige Tochtergesellschaften zu erbringen. Eine Gewinnerzielungsabsicht wird nicht vorausgesetzt. Bei nur geringer Marktrelevanz kann eine kommerzielle Tätigkeit durch die Rundfunkanstalten selbst erbracht werden; gleichwohl bedarf es einer getrennten Buchführung (§ 40 Abs. 1 MStV, § 16a Abs. 1 RStV). Diese Tätigkeitsbereiche sind von den zuständigen Gremien der Rundfunkanstalten[187] vor Aufnahme der Tätigkeit zu erlauben (§ 40 Abs. 2 MStV). Folgende Punkte sind dabei zu beachten:

1. die Beschreibung der Tätigkeit nach Art und Umfang, die die Einhaltung der marktkonformen Bedingungen begründet (Marktkonformität), einschließlich eines Fremdvergleichs,
2. der Vergleich mit Angeboten privater Konkurrenten,
3. Vorgaben für eine getrennte Buchführung und
4. Vorgaben für eine effiziente Kontrolle.

Durch diese Regelung soll vor allem die Quersubventionierung des öffentlich-rechtlichen Kernbereichs dieser Rundfunkanstalten verhindert werden (Zielstellung gem. Art. 108 AEUV).

 

Rz. 174

Die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an Unternehmen (§ 41 Abs. 1 MStV, § 16b Abs. 1 RStV) ist nur gestattet, wenn

1. dies im sachlichen Zusammenhang mit ihren gesetzlichen Aufgaben steht,
2. das Unternehmen die Rechtsform einer juristischen Person besitzt und
3. die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag des Unternehmens einen Aufsichtsrat oder ein entsprechendes Organ vorsieht.
 

Rz. 175

Bei Beteiligungsunternehmen müssen sich die Rundfunkanstalten in geeigneter Weise den nötigen Einfluss auf die Geschäftsleitung sichern (§ 41 Abs. 2 MStV).

 

Rz. 176

Die Finanzausstattung hat den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Lage zu versetzen, seine verfassungsmäßigen und gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen; sie hat insbesondere den Bestand und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten (§ 34 Abs. 1 MStV, § 12 Abs. 1 RStV). Es ist ein Finanzausgleich unter den Landesrundfunkanstalten der ARD durchzuführen. Insofern wird auf den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag verwiesen (§ 34 Abs. 2 MStV).

 

Rz. 177

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanziert sich durch Rundfunkbeiträge, Einnahmen aus Rundfunkwerbung und sonstigen Einnahmen; vorrangige Finanzierungsquelle ist der Rundfunkbeitrag. Programme und Angebote im Rahmen seines Auftrags gegen besonderes Entgelt sind unzulässig; ausgenommen hiervon sind Begleitmaterialien. Einnahmen aus dem Angebot von Telefonmehrwertdiensten dürfen nicht erzielt werden (§ 35 MStV, § 13 RStV).

 

Rz. 178

Mit dem am 1.1.2013 in Kraft getretenen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist an die Stelle der bis dahin erhobenen Rundfunkgebühr der nicht mehr an Personen, sondern an den Haushalt bzw. an die Betriebsstätte gebundene Rundfunkbeitrag getreten.[188]

[186] Europäische Kommission, Entscheidung v. 24.4.2007 – E 3/2005 – KOM (2007) 1761.
[187] Beim WDR ist dies der Verwaltungsrat (§ 44b WDR-G).
[188] Siehe dazu insgesamt Gersdorf, in: BeckOK InfoMedienR, RBeitrSV, § 1 Rn 1 ff.; das BVerfG hat am 20.7.2021 – 1 BvR 2756/20 u.a. den Rundfunkfinanzierungs-Staatsvertrag wegen der fehlenden Zustimmung Sachsen-Anhalts für verfassungswidrig erklärt.

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