Rz. 196

Durch den 10. RÄStV wurde die Plattformregulierung[202] aufgenommen. Hintergrund ist, dass die Anbieter digitaler Dienstleistungen, die dem Kunden auch das digitale Empfangsgerät zur Verfügung stellen, wie etwa beim Handy-TV, ähnlich wie Netzkabelbetreiber eigene Programmpakete zusammenstellen und vermarkten wollen. Um für Zugangsfreiheit zu sorgen, wurden mit §§ 78 ff. MStV, §§ 52 ff. RStV umfangreiche Diskriminierungs- und Belegungsvorgaben geregelt.

 

Rz. 197

§ 78 S. 2 Nr. 1 und 2 MStV unterscheidet nunmehr im Hinblick auf Plattformen und Benutzeroberflächen zwischen infrastrukturgebundenen und nicht infrastrukturgebundenen Medienplattformen. Die Anwendung der "nachstehenden Regelungen" bis auf §§ 79, 80, 86 Abs. 1 und § 109 MStV, also solcher Regelungen wie § 81 MStV "Must-Carry-Anforderungen" (bisheriger § 52b RStV),[203] hängt vom Überschreiten der jeweiligen Schwellenwerte ab. Bei den zuerst Genannten mindestens 10.000 angeschlossene Wohneinheiten, bei Letzteren in der Regel mindestens 20.000 tägliche Nutzer im Monatsdurchschnitt.

 

Rz. 198

Der Betrieb einer Plattform bedarf ebenfalls keiner Genehmigung, ist aber anzeigepflichtig (§ 79 MStV, § 52 Abs. 3 RStV). Auch für die Plattformen gilt die verfassungsmäßige Ordnung, die allgemeinen Gesetze und die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Ehre (§ 79 Abs. 3 MStV, § 52a Abs. 1 RStV). Plattformanbieter sind nicht nur für die eigenen Programme und Dienste verantwortlich, sondern auch für solche Angebote Dritter, die über die Plattform verbreitet werden (§ 79 Abs. 4 MStV).

 

Rz. 199

§ 81 Abs. 1 MStV regelt im Gegensatz zum früheren § 52b RStV sog. Belegungsvorgaben nur für infrastrukturgebundene Medienplattformen. Diese sollen garantieren, dass gewisse Programme überhaupt verbreitet werden. Diese sog. Must-carry-Verpflichtung[204] erstreckt sich auf bestimmte öffentlich-rechtliche Programme, private Programme mit Regionalfenstern, regionale bzw. lokale Fernsehprogramme und offene Kanäle. § 84 MStV, früher § 52c RStV, sorgt für die Auffindbarkeit der Programme.

 

Rz. 200

Der Zugang zu Medienplattformen wird in § 82 MStV geregelt. In Abs. 2 dieser Norm werden die allgemeinen Grundsätze der Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit zum Ausdruck gebracht. Programmanbieter und Anbieter vergleichbarer Telemedien dürfen durch die Zugangsberechtigungssysteme, Schnittstellen für Anwendungsprogramme, sonstige technische Vorgaben sowie die Ausgestaltung von Zugangsbedingungen, insbesondere der Entgelte und Tarife, nicht unbillig behindert oder gegenüber gleichartigen Anbietern ohne sachlich gerechtfertigten Grund benachteiligt werden (früher § 52d RStV).

 

Rz. 201

§ 86 MStV, früher §§ 52e und 52f RStV, geben den LMA gewisse Rechte (etwa Anspruch auf Vorlage von Unterlagen), um ihrer Aufsicht im Bereich der Plattformen nachzukommen.

[202] Früher wurde nicht die Plattform selbst definiert, sondern lediglich der Begriff des Anbieters einer Plattform, siehe § 2 Abs. 2 Nr. 13 RStV.
[203] Siehe unten Rdn 199.
[204] Siehe Dörr, ZUM 2013, 81; Schütz/Schreiber, MMR 2014, 161.

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