1. Pfändungsumfang

 

Rz. 6

Kontokorrent (laufende Rechnung) ist die Geschäftsverbindung mit einem Kaufmann der Art, dass die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden (§ 355 Abs. 1 HGB).[7]

 

Rz. 7

Die Abrechnung bzw. die in Rechnungsstellung der gegenseitigen Ansprüche erfolgt mindestens einmal jährlich (§ 355 Abs. 2 HGB). In der Praxis durfte die Verrechnung regelmäßig jeweils vierteljährlich erfolgen.[8]

 

Rz. 8

Der Gegenstand und der Umfang eines gegenwärtigen Kontokorrentguthabens bestimmen sich nach § 357 HGB. Danach erfasst die Pfändung lediglich die Saldoforderung, nicht aber auch die kontokorrentzugehörigen Einzelforderungen. Durch Einstellung in dem Kontokorrent verlieren die Einzelforderungen ihre Selbstständigkeit und unterliegen nicht der Pfändung.[9]

 

Rz. 9

Früher musste umständlich in jedem Fall ausdrücklich zunächst der Zustellungssaldo gepfändet werden, welcher sich bei einer vorgezogenen Saldoziehung im Zeitpunkt der Pfändung, also dem Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an die Bank als Drittschuldner ergab (§ 829 Abs. 3 ZPO). Daneben musste der Gläubiger auch den nächsten und alle weiteren zukünftigen Aktivsalden pfänden, die sich bei Abschluss der vereinbarten Abrechnungsperioden ergaben. Und letztlich musste auch der aus dem Girovertrag sich ergebende Anspruch auf Auszahlung eines Tagesguthabens gepfändet werden. Erst dann war das gepfändete Girokonto zugunsten des Gläubigers gesperrt.

 

Rz. 10

Mit dem Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes v. 7.7.2009 (BGBl I 2009, 1707) wurde § 833a ZPO geschaffen. Diese Vorschrift regelt im Anschluss an die Bestimmungen über den Pfändungsumfang bei fortlaufenden Bezügen (§ 832 ZPO) sowie bei Arbeits- und Diensteinkommen (§ 833 ZPO) ausdrücklich den Umfang der Pfändung des Guthabens eines Kontos. Unter dem Begriff Konto sind dabei alle Arten von Konten bei Kreditinstituten, insbesondere Giro- und Sparkonten zu verstehen.

 

Rz. 11

Nach § 833a ZPO reicht nunmehr die Pfändung des "Guthabens" aus, um auch künftige Salden einschließlich eines eventuellen Rechnungsabschlusssaldos zu erfassen. Damit werden die bisherigen sprachlich schwerfälligen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse überflüssig.

 

Rz. 12

Der Angabe einer Kontonummer bedarf es nicht.[10]

[7] Vgl. BGH v. 13.3.1981 – I ZR 5/79, BGHZ 80, 172 = NJW 1981, 1612 = MDR 1981, 730; BGH v. 9.12.1971 – III ZR 58/69, WM 1972, 283.
[8] Vgl. Pfeiffer, JA 2006, 105; Hoeren, NJW 1992, 3263; Behr, JurBüro 1995, 119; Jungmann, ZInsO 1999, 64, 65.
[10] BGH v. 8.7.1982 – I ZR 148/80, BGHZ 84, 371 = NJW 1982, 2193, 2195 = ZIP 1982, 932; LG Frankenthal v. 21.8.1981 – 1 T 218/81, Rpfleger 1981, 445; LG Oldenburg v. 30.11.1981 – 5 T 324/81, Rpfleger 1982, 112.

2. Wirkung der Pfändung

 

Rz. 13

Die Pfändung führt zunächst zu einem Rechnungsabschluss für den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung. Die Pfändung des künftigen Guthabens erstreckt sich neben dem Zustellungssaldo auch auf den nächsten Aktivsaldo und auf alle weiteren künftigen Aktivsalden bis zur vollen Befriedigung des Gläubigers.[11] Nach der Regelung in § 833a ZPO ist auch der aus dem Girovertrag sich ergebende Anspruch auf Auszahlung eines Tagesguthabens gepfändet. Ergibt sich nach Saldierung keine Forderung zugunsten des Schuldners, geht die Pfändung ins Leere. Weist das Konto ein Guthaben auf und hat der Gläubiger sich den Anspruch zur Einziehung überweisen lassen, kann dieses erst nach Ablauf von einem Monat an den Gläubiger ausgezahlt werden (gilt aber nur bei einem Schuldner, der eine natürliche Person ist). Die Ein-Monats-Sperre nach § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO soll dem Schuldner die Möglichkeit geben, sein bisher "normales" Konto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln zu lassen, § 850k Abs. 5 ZPO.

 

Rz. 14

Ein vorhandenes Guthaben kann allerdings durch Schuldposten noch geschmälert werden, die aufgrund eines vor der Pfändung bestehenden Rechts nach der Pfändung in das Kontokorrent eingestellt werden (§ 357 S. 2 HGB).[12]

 

Rz. 15

Unter § 357 S. 2 HGB fallen jedoch nicht Zahlungen des Drittschuldners an den Pfändungsschuldner selbst, mit denen nur ein schuldrechtlicher Anspruch des Schuldners getilgt werden soll. Erwirbt die kontokorrentführende Bank erst nach der Pfändung des Kontokorrentsaldos durch einen Gläubiger des Bankkunden eine Forderung gegen diesen, kann sie den "Zustellungssaldo" auch nicht aufgrund ihres AGB-Pfandrechts mit Wirkung gegenüber dem Pfändungsgläubiger um den Betrag der Forderung verringern.[13]

 

Rz. 16

Besitzt der Schuldner eine Geldausgabe-Automatenkarte, hat die Bank dafür Sorge zu tragen, dass diese sofort gesperrt wird.[14] EC-Karten (korrekt Girocard) sind keine "über die Forder...

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