Rz. 1245

Wurde im Ehevertrag keine anderweitige Bestimmung getroffen, verwalten die Ehegatten das Gesamtgut gemeinschaftlich (§ 1421 S. 2 BGB). Die gemeinschaftliche Verwaltung des Gesamtguts ist in §§ 14501470 BGB geregelt. Die gemeinschaftliche Verwaltung führt zu einer Gleichberechtigung der Ehegatten.

aa) Grundsätze

 

Rz. 1246

Im Falle gemeinschaftlicher Verwaltung des Gesamtguts sind die Ehegatten gemäß § 1450 Abs. 1 S. 1 BGB nur gemeinschaftlich berechtigt, über das Gesamtgut zu verfügen und Rechtsstreitigkeiten zu führen, die sich auf das Gesamtgut beziehen. Die Ehegatten können das Gesamtgut auch nur zusammen verpflichten. Nicht erforderlich ist, dass die Ehegatten gleichzeitig handeln.

 

Rz. 1247

Die Ehegatten können sich allerdings gegenseitig bezüglich der Vornahme einzelner Rechtsgeschäfte Einwilligung und Genehmigung erteilen.[1445] Die Vollmachten können stillschweigend erteilt werden. Überlässt ein Ehegatte dem anderen Ehegatten sehenden Auges die Verwaltung bestimmter Angelegenheiten, beispielsweise die selbstständige Verwaltung seines Bankkontos, ist von einer stillschweigend erteilten Vollmacht auszugehen.[1446]

 

Rz. 1248

Insbesondere der Besitz an den zum Gesamtgut gehörenden Sachen gebührt den Ehegatten gemeinschaftlich (§ 1450 Abs. 1 S. 2 BGB). Etwas anderes kann sich bezüglich persönlicher Gegenstände, Haushaltgegenstände und der Ehewohnung aus der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft ergeben. Die Geltendmachung von Besitzschutzrechten können die Ehegatten jeweils allein vornehmen.

 

Rz. 1249

Alleiniges Handeln ist jedoch möglich bei Erwerb. Dies folgt aus § 1416 Abs. 1 Satz 2 BGB, demzufolge die Ehegatten allein für das Gesamtgut erwerben können. Außerdem ist jeder Ehegatte gemäß § 1450 Abs. 2 BGB zur Entgegennahme von einseitigen Willenserklärungen wie beispielsweise einer Kündigung, Anfechtung oder Angebotsannahme befugt. Die Berechtigung zum alleinigen Handeln kann sich insbesondere aus § 1357 BGB ergeben. Darüber hinaus sind die Ehegatten in den Fällen des § 1455 BGB berechtigt, allein zu handeln.

 

Rz. 1250

Ein Ehegatte ist auch zur alleinigen Verwaltung des Gesamtguts befugt, solange der andere Ehegatte unter elterlicher Sorge oder unter Vormundschaft steht (§ 1458 BGB). Insoweit gelten die §§ 14221449 BGB entsprechend, insbesondere die Haftungsregelungen der §§ 1437 ff. BGB. Ist der andere Ehegatte zum Vormund bestellt, kann er sich eine gemäß §§ 14231425 BGB erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten selbst erteilen; § 181 BGB gilt insoweit nicht.[1447] § 1458 BGB ist aber nicht anwendbar, wenn für einen Ehegatten ein Betreuer bestellt ist.[1448]

 

Rz. 1251

Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesamtgut beziehen, sind gemeinsam zu führen (§ 1450 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Ehegatten sind also bezüglich Aktivprozesse nur gemeinsam prozessführungsbefugt. Ausnahmen können sich aus §§ 1452 Abs. 1, 1454 S. 2, 1455 Nr. 6 – 10 und 1456 BGB ergeben. Zudem können sich die Ehegatten gegenseitig zur Führung von Rechtsstreitigkeiten ermächtigen. Prozessführungsbefugnis liegt in diesem Fall nur vor, wenn der Ehegatte spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatrichter eine entsprechende Ermächtigung des anderen Ehegatten offenlegt.[1449]

 

Rz. 1252

Da aus einem Urteil grundsätzlich nur dann in das Gesamtgut vollstreckt werden kann, wenn beide Ehegatten zur Leistung verurteilt wurden (§ 740 Abs. 2 ZPO), wird ein Dritter in der Regel beide Ehegatten verklagen.

 

Rz. 1253

Der auf einer rechtsgeschäftlichen Verpflichtung beruhende Anspruch, wegen dessen der Gläubiger in das Gesamtgut vollstrecken will, muss jedoch nicht in einer einzigen Urkunde tituliert sein. Ausreichend ist, dass gegen beide Ehegatten jeweils ein Vollstreckungstitel ergangen ist. Voraussetzung ist aber, dass der Schuldgrund der Verpflichtungen der Ehegatten, selbst wenn diese getrennt tituliert sind, derselbe ist.[1450]

 

Rz. 1254

Der gute Glaube Dritter wird nach den allgemeinen Regeln geschützt.

[1445] BGH NJW-RR 1989, 1225.
[1447] RGZ 76, 89, 92.

bb) Mitwirkungspflicht beider Ehegatten

 

Rz. 1255

Jeder Ehegatte ist dem anderen Ehegatten gegenüber verpflichtet, an Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich sind (§ 1451 BGB). Die Mitwirkungspflicht besteht nicht Dritten gegenüber, sondern nur gegenüber dem anderen Ehegatten. Sie bezieht sich auf die gesamte Verwaltung des Gesamtguts, insbesondere auf tatsächliche Handlungen, wie beispielsweise die zumutbare Mitarbeit in der Landwirtschaft bei intakter Ehe,[1451] die Zahlung von Unterhalt[1452] oder die Führung von Rechtsstreitigkeiten.

 

Rz. 1256

Führt die schuldhafte Nichterfüllung der Mitwirkungspflicht eines Ehegatten zu einer Minderung des Gesamtguts, entsteht analog § 1435 S. 3 BGB eine Ersatzpflicht. Dies setzt aber eine intakte Ehe voraus. Hat beispielsweise ein Ehegatte die häusliche Gemeinschaft aufgehoben, weil er die Fortsetzung der ehelichen Lebensgemei...

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