Rz. 1489

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft tritt ein, wenn die Ehegatten durch Ehevertrag vereinbart haben, dass die Gütergemeinschaft nach dem Tod eines Ehegatten zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt wird (§ 1483 Abs. 1 S. 1 BGB). In diesem Fall wird die Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzt, die bei gesetzlicher Erbfolge als Erben berufen sind (§ 1483 Abs. 1 S. 2 BGB).

 

Rz. 1490

Bis zum Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes am 1.7.1958 wurde die Gütergemeinschaft nach § 1483 a.F. nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten fortgesetzt, wenn die Ehegatten nichts anderes vereinbart oder durch Verfügung von Todes wegen bestimmt hatten. Nach der Übergangsregelung des Art. 8 Abs. 1 Nr. 6 GleichberG gilt für Ehegatten, die vor dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes, also vor dem 1.7.1958, im Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt haben, die fortgesetzte Gütergemeinschaft als vereinbart, wenn sie diese ehevertraglich nicht ausgeschlossen haben.[1656]

 

Rz. 1491

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft ist in den §§ 14831518 BGB geregelt. Gemäß § 1518 BGB sind die Vorschriften über die fortgesetzte Gütergemeinschaft zwingendes Recht, die Ehegatten können also keine davon abweichenden Anordnungen treffen.

 

Rz. 1492

Der Grundgedanke der fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht darin, dem überlebenden Ehegatten die Auseinandersetzung mit den Abkömmlingen zu ersparen und das gemeinschaftliche Vermögen bis zum Tode des Überlebenden für die Familie zu erhalten.[1657]

 

Rz. 1493

Für den überlebenden Ehegatten bietet die fortgesetzte Gütergemeinschaft den Vorteil, dass der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut nach § 4 Abs. 1 ErbStG den Abkömmlingen zugerechnet wird. Es findet auch kein steuerlich relevanter Zwischenerwerb des überlebenden Ehegatten statt. Außerdem können die Abkömmlinge ihren vollen Freibetrag geltend machen. Beim Tod des zweiten Elternteils können sie, wenn sie die andere Hälfte des Nachlasses erben, wieder den vollen Freibetrag ansetzen.

 

Rz. 1494

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft hat allerdings in der Praxis kaum noch Bedeutung,[1658] was nicht zuletzt an der komplizierten rechtlichen Regelung liegt. Außerdem ist sie aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung und der abnehmenden Familienbindung meist nicht mehr empfehlenswert.

 

Rz. 1495

Voraussetzung für den Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist zunächst, dass sie ehevertraglich vereinbart wurde. Weitere Voraussetzung ist, dass ein Ehegatte den anderen überlebt. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft tritt nicht ein, wenn

der überlebende Ehegatte die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ablehnt (§ 1484 BGB),
alle gemeinschaftlichen Abkömmlinge hinsichtlich des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten für erbunwürdig erklärt wurden (§ 1506 BGB),
der überlebende Ehegatte hinsichtlich des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten erbunwürdig ist (§ 1506 BGB analog),
die fortgesetzte Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung des verstorbenen Ehegatten wirksam im Sinne des § 1509 BGB ausgeschlossen wurde,
alle gemeinschaftlichen Abkömmlinge durch letztwillige Verfügung des verstorbenen Ehegatten mit Zustimmung des anderen Ehegatten ausgeschlossen wurden (§§ 1511, 1516 BGB) oder
alle gemeinschaftlichen Abkömmlinge durch Vertrag mit den Eltern wirksam auf ihren Anteil an der fortgesetzten Gütergemeinschaft verzichtet haben im Sinne des § 1517 BGB.[1659]
 

Rz. 1496

Dem überlebenden Ehegatten wird so die Möglichkeit gegeben, die Gütergemeinschaft weiterzuführen. Es steht ihm aber auch zu, diese aufzuheben.

 

Rz. 1497

Der überlebende Ehegatte nimmt beim Eintritt der fortgesetzten Gütergemeinschaft rechtlich die Stellung des alleinverwaltenden Ehegatten ein, die anteilsberechtigten Abkömmlinge die Stellung des anderen Ehegatten, § 1487 Abs. 1 Hs. 2 BGB.

 

Rz. 1498

Sind nur gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden, fällt der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut nicht zum Nachlass (§ 1483 Abs. 1 S. 3 BGB), das Vorbehalts- und Sondergut des verstorbenen Ehegatten dagegen schon. Das Vorbehalts- und Sondergut wird also nach den allgemeinen Vorschriften vererbt. Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche der gemeinschaftlichen Abkömmlinge beziehen sich nur auf das Vorbehalts- und Sondergut des verstorbenen Ehegatten. Sind dagegen neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen auch einseitige Abkömmlinge des Verstorbenen vorhanden, so bestimmen sich ihr Erbrecht und ihre Erbteile so, als wäre die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten (§ 1483 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 1499

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endet durch den Tod aller anteilsberechtigten Abkömmlinge (§ 1490 BGB), den Verzicht aller anteilsberechtigten Abkömmlinge (§ 1491 BGB), Aufhebung durch den überlebenden Ehegatten (§ 1492 BGB), Wiederverheiratung oder Begründung einer Lebenspartnerschaft des überlebenden Ehegatten (§ 1493 BGB), den Tod oder die Todeserklärung des überlebenden Ehegatten (§ 1...

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