Rz. 666

Voraussetzung für die Stundung ist, dass die sofortige Zahlung auch unter Berücksichtigung der Interessen des Gläubigers zur Unzeit erfolgen würde, § 1382 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB. Dies bedeutet auch, dass eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zu erwarten sein muss, weil sonst eine Stundung keinen wirtschaftlichen Sinn macht.[935] Da es darum geht, die Zahlungspflicht vorübergehend hinauszuschieben, kommt eine Stundung nicht in Betracht, wenn die Zahlung auf Dauer erschwert ist. Es ist eine umfassende Interessensabwägung vorzunehmen.

[935] OLG Köln FamRZ 2009, 1070 – 1071; FamRB 2009, 301 – 302; OLG Brandenburg JurionRS 2006 29920 Rn 61.

(a) Interessen des Ausgleichspflichtigen

 

Rz. 667

Hier stehen in erster Linie wirtschaftliche Gründe im Vordergrund.[936] Dabei kann auch auf die Kriterien in § 2331a BGB zurückgegriffen werden. Dort sind die Voraussetzungen der Stundung des Pflichtteilsanspruchs genannt. Eine unbillige Härte liegt danach insbesondere vor, wenn das Familienheim aufgegeben oder ein Wirtschaftsgut veräußert werden müsste, das die wirtschaftliche Lebensgrundlage für den Ausgleichspflichtigen und seine Familie bildet. Würde also der Schuldner durch die sofortige Erfüllung des Ausgleichsanspruchs außergewöhnlich hart getroffen oder müsste er vorhandenes Vermögen verwerten, wobei eine schnelle, überstürzte Verwertung zu einem Erlös führen würde, der dem tatsächlichen Wert erheblich unterschreitet (Notverkauf), kann eine Zahlung zur Unzeit gegeben sein. Dies hat zur Folge, dass eine Stundung zu gewähren ist. Daneben kommen aber auch persönliche Umstände, zum Beispiel Krankheit oder krankheitsbedingte, vorübergehende Einschränkungen mit wirtschaftlichen Folgen (hohe Krankheitskosten; Erwerbsausfall) in Betracht.

[936] OLG Köln JurionRS 2009, 32701 Rn 40.

(b) Interessen der Kinder

 

Rz. 668

Bei der notwendigen Abwägung hat der Gesetzgeber als Kriterium ausdrücklich berücksichtigt, dass die nachhaltige Verschlechterung der Wohnverhältnisse oder der sonstigen Lebensverhältnisse gemeinschaftlicher – minderjähriger und volljähriger – Kinder vermieden werden soll, § 1382 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieser Gesichtspunkt hat deshalb besonderes Gewicht im Rahmen der Abwägung. Bei der notwendigen Veräußerung des Familienheims und den damit verbundenen Folgen für die minderjährigen, gemeinsamen Kinder können diese durch Stundung des Ausgleichsbetrags zeitlich aufgeschoben werden, zum Beispiel bis zum Schuljahresende, aber auch bis zum Abschluss eines Schulabschnitts, zum Beispiel bis zur Beendigung der Grundschule. Sind die Wohnverhältnisse oder sonstigen Lebensverhältnisse der Kinder – gleich ob minderjährig oder volljährig – betroffen, kommt ihnen für die gerichtliche Entscheidung ausschlaggebende Bedeutung zu. Dabei wiegen die Wohn- und Lebensverhältnisse minderjähriger Kinder allerdings schwerer.

(c) Interessen des Ausgleichsberechtigten

 

Rz. 669

Auf Seiten des Gläubigers ist zunächst das Interesse, das Geld sofort zu erhalten, zu berücksichtigen. Es geht auch hier um die wirtschaftlichen Umstände. Besteht ein sofortiger Geldbedarf für die eigene Ausbildung, für die berufliche Tätigkeit, für den Wohnbedarf (Umzug, Einrichtung der Wohnung, Mietkaution) etc., so sind diese Gesichtspunkte bei der Abwägung mit zu berücksichtigen.

(d) Sonstige Interessen

 

Rz. 670

Auf beiden Seiten nicht zu berücksichtigen sind Umstände, die im Rahmen der groben Unbilligkeit gemäß § 1381 BGB erörtert werden, z.B. die Umstände der Ehe, die Gründe für die Trennung etc.

 

Rz. 671

Die Interessen Dritter – mit Ausnahme der Interessen der gemeinsamen Kinder – können eine Stundung nicht rechtfertigen.

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