Rz. 343

Vermögen kann nur soweit berücksichtigt werden, als es nicht schon beim Einkommen (z.B. durch Erträge) berücksichtigt worden ist. Die Vermögensverhältnisse der Beteiligten sind, wie sie sich auf der Grundlage ihres Vermögens objektiv ergeben, zu berücksichtigen.[301] Die Wertangaben der Parteien stellen dabei widerlegbare Hilfstatsachen für die Richtigkeit des festzusetzenden Verfahrenswerts dar.[302]

 

Rz. 344

Einheitlich wird in Schrifttum und Judikatur davon ausgegangen, dass bei der Bewertung des Vermögens Freibeträge abzuziehen sind.

Die Rechtsprechung geht dabei von unterschiedlichen Abzügen aus:

Überwiegend wird in Schrifttum und Judikatur davon ausgegangen, dass bei der Bewertung des Vermögens Freibeträge abzuziehen sind, die unterschiedlich hoch angesetzt werden; zum Teil wird auf § 6 VermStG a.F. abgestellt:

Abzug von Freibeträgen nach dem früheren § 6 VermStG a.F. (Vermögenssteuergesetz) in Höhe von 70.000,00 EUR je Ehegatten (sofern Vermögen bei diesem vorhanden ist) und 35.000,00 EUR pro Kind,[303]
15.000 EUR Freibetrag je Ehegatten,[304]
15.000 EUR Freibetrag je Ehegatten und 7.500 EUR Freibetrag je Kind,[305]
30.000 EUR Freibetrag je Ehegatten,[306]
10.000 EUR Freibetrag je Kind,[307]
60.000 EUR Freibetrag je Ehegatten und 60.000 EUR Freibetrag je Kind,[308]
60.000 EUR Freibetrag je Ehegatten und 30.000 EUR Freibetrag je Kind,[309]
60.000 EUR Freibetrag je Ehegatten,[310]
60.000 EUR Freibetrag je Ehegatten und 10.000 EUR Freibetrag je Kind,[311]
64.000 EUR Freibetrag je Ehegatten,[312]
80.000 DM für den Ehegatten; 15.000 EUR je Kind,[313]
30.000 EUR Freibetrag je Ehegatten,[314]
Freibetrag pro Ehegatten: 30.000 EUR; für jedes Kind: 10.000 EUR.[315]
 

Rz. 345

Während jedoch die Rechtsprechung teilweise die früher geltenden Vermögenssteuerfreibeträge mit oder ohne prozentuale Abschläge schematisch übernommen, teilweise nur vermögenssteuerpflichtiges Einkommen bei der Bewertung herangezogen hat,[316] oder gar vermögenssteuerrechtliche Freibeträge grundsätzlich unbeachtet ließ,[317] wird andererseits die Meinung vertreten, dass unter einer

Zitat

"… wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung der vermögensrechtlichen Situation i.V.m. den anderen Bewertungsfaktoren eine die Interessen des Justizfiskus und der Parteien billig erscheinende Bewertung"

entscheidend ist.[318]

 

Rz. 346

Der 10. Senat des OLG Brandenburg hatte dem Abzug von Freibeträgen eine klare Absage erteilt; durchsetzen konnte sich diese Auffassung in der Praxis jedoch leider nicht.[319]

Zitat

"Bei der Festsetzung des Werts für die Ehesache ist von dem Verkehrswert des Grundstücks ein Abschlag im Hinblick auf einen Freibetrag nicht vorzunehmen, sondern es fließt der gesamte Verkehrswert mit einem Anteil von 5 % in die Wertbemessung ein. Ein Freibetrag ist entbehrlich, weil der Vermögenswert nicht uneingeschränkt, sondern lediglich mit einem Bruchteil für die Wertbemessung herangezogen wird. Eine Erhöhung des Einkommens wegen des mietfreien Wohnens kommt jedenfalls kumulativ zur Berücksichtigung des Verkehrswertes nicht in Betracht. (von der Schriftleitung Beck-Online bearbeitete Leitsätze des Gerichts)"

Auch das OLG Köln vertritt die Meinung, dass die Auffassungen zu derartigen Abzügen von Freibeträgen zu verwerfen seien, da sich hierfür kein Anknüpfungspunkt aus dem Gesetz ergebe. Anzuknüpfen sei vielmehr an § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 SGB XII.[320]

 

Rz. 347

Dieser Auffassung wiederum widerspricht das OLG Bamberg:[321]

Zitat

"1. Soweit beim Teilverfahrenswert der Ehesache gemäß § 43 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 FamGKG die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten Berücksichtigung finden, ist der Ansatz eines Freibetrages je unterhaltsberechtigtem Kind hierbei von monatlich 250,00 EUR angemessen und nicht zu beanstanden."

2. Die Herausnahme einzelner Vermögensarten aus der Verfahrenswertbemessung gem. § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG als Schonvermögen nach § 90 SGB XII ist nicht gerechtfertigt. Infolgedessen ist das selbst bewohnte Eigenheim zu berücksichtigen.

3. Die Berücksichtigung eines Freibetragen für jeden beteiligten Ehegatten bezüglich des gemeinsamen Vermögens von 60.000,00 EUR und für jedes unterhaltsberechtigte Kind in Höhe von weiteren 30.000,00 EUR ist angemessen und angezeigt (vgl. OLG München FamRZ 2009, 1703; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).

4. Von diesem bereinigten Vermögenswert ist lediglich ein Bruchteil bei der Verfahrenswertberechnung zu berücksichtigten, der nach ganz überwiegender Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig mit 5 % zu berechnen ist (OLG Hamm FamRZ 2015, 1748 m.w.N.; OLG Bamberg JurBüro 2017, 86).“

 

Rz. 348

Das OLG Köln nimmt in seiner aktuellen Entscheidung auch keine Abschläge vom Wert mehr für die Kinder vor und führt in seiner Entscheidung v. 26.1.2022 hierzu aus:

Zitat

"2. Der Senat hält einen solchen Abschlag für die Unterhaltsaufwendungen nicht für sachgerecht. Der Gesetzgeber hat zwar in § 43 Abs. 1 FamGKG auch auf die "Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles" abgestellt. ...

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