Rz. 40

Nach § 58 Abs. 3 S. 4 RVG ist auch dann anzurechnen, wenn die Summe von Zahlungen des Auftraggebers oder Dritten und Zahlung der Staatskasse die Höchstgebühren eines Wahlanwalts überschreiten würde. Damit ist gesetzlich klargestellt worden, dass unabhängig von der Regelung des § 58 Abs. 3 S. 3 RVG auch unterhalb des Doppelten der Pflichtverteidigergebühren anzurechnen ist, wenn der Anwalt seine Vergütung in Höhe der höchstmöglichen Wahlanwaltsvergütung erhalten hat. Wie der Gesetzgeber mit dem KostRÄG 2021 klargestellt hat, sind mit den "Höchstgebühren" die im Vergütungsverzeichnis vorgesehenen Höchstbeträge gemeint, also der obere Betrag des jeweiligen Betragsrahmen. Auf die im Einzelfall angemessene Gebühr als Wahlanwalt kommt es nicht an.

 

Rz. 41

 

Beispiel 25: Anrechnung auch bei Erreichen der Wahlanwaltsvergütung

Der Verteidiger nimmt an der Hauptverhandlung vor dem AG teil. Es findet nur ein Termin statt, der jedoch sechs Stunden dauert. Der Verteidiger hat einen Vorschuss in Höhe von 350,00 EUR netto erhalten.

Aus der Landeskasse würde der Pflichtverteidiger jetzt erhalten:

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV 145,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV 242,00 EUR
3. Zuschlag, Nr. 4110 VV 121,00 EUR
Gesamt 508,00 EUR
Das Doppelte (§ 58 Abs. 3 S. 3 RVG) beträgt 1.016,00 EUR.

Die Höchstgebühren des Wahlanwalts betragen:

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV 319,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV 528,00 EUR
Gesamt 847,00 EUR

Nach § 58 Abs. 3 S. 3 RVG würde die Summe von Vorschuss (350,00 EUR) und Vergütung aus der Landeskasse (508,00 EUR) mit 858,00 EUR insgesamt das Doppelte der Pflichtverteidigervergütung (1.016,00 EUR) nicht überschreiten, sodass nichts anzurechnen wäre.

Da aber die Höchstgebühren des Wahlanwalts überschritten sind, ergibt sich eine Pflicht zur Anrechnung aus § 58 Abs. 3 S. 4 RVG in Höhe von:

 
Vorschuss 350,00 EUR
Gebühren aus der Landeskasse 508,00 EUR
./. Höchstgebühren des Wahlanwalts – 847,00 EUR
Anrechnungsbetrag 11,00 EUR

Die Landeskasse muss also nur zahlen:

 
Gebühren aus der Landeskasse 508,00 EUR
./. Anrechnungsbetrag – 11,00 EUR
  497,00 EUR

Damit erhält der Anwalt also mit:

 
Gebühren aus der Landeskasse 508,00 EUR
Vorschuss Auftraggeber 350,00 EUR
  858,00 EUR

Genauso viel, wie ein Wahlanwalt höchstens abrechnen könnte.

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