Rz. 4

Während der Wahlanwalt in Straf- und Bußgeldsachen sowie in Verfahren nach Teil 6 VV grundsätzlich nach Rahmengebühren abrechnet und aus dem vorgegebenen jeweiligen Rahmen nach § 14 Abs. 1 RVG die im konkreten Einzelfall angemessene Gebühr bestimmt, erhält der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt jeweils eine Festgebühr, die unterhalb der jeweiligen Mittelgebühr liegt (80 % der Mittelgebühr). Ein Ermessensspielraum steht ihm nicht zu.

 

Rz. 5

Reichen die Festgebühren nicht aus, um die Tätigkeit des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalts angemessen zu vergüten, hat der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt allerdings die Möglichkeit, nach § 51 RVG die Bewilligung einer Pauschgebühr zu beantragen.

 

Rz. 6

Hinsichtlich der Berechnung der Vergütung ergeben sich – abgesehen von den zusätzlichen Gebühren für längere Hauptverhandlungstermine – keine Besonderheiten, sodass insoweit auf die jeweiligen Ausführungen zur Abrechnung des Wahlanwalts (siehe §§ 35, 36) Bezug genommen werden kann. Es dürfen lediglich an Stelle der im Vergütungsverzeichnis vorgesehenen Gebührenrahmen jetzt nur die dort in der rechten Spalte vorgesehenen Festbeträge abgerechnet werden.

 

Rz. 7

Die Vergütung des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalts bei Betragsrahmengebühren ist unabhängig von den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG.

Rechnet der Wahlanwalt in durchschnittlichen Angelegenheiten nach der Mittelgebühr ab, steht dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt nur ein geringerer Vergütungsanspruch zu, da die Festgebühren stets unterhalb der Mittelgebühr liegen.
Sind für den Wahlanwalt die Höchstgebühren angemessen, so ergibt sich ein erheblicher Unterschied zwischen den Wahlanwaltsgebühren und den Festgebühren des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalts. In diesen Fällen wird in der Regel allerdings die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG in Betracht kommen.
Sind für den Wahlanwalt dagegen nur unterdurchschnittliche Gebühren angemessen, so steht sich der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt u.U. besser, da die Wahlanwaltsgebühren unter den Festgebühren liegen können. Eine Begrenzung, etwa analog § 15 Abs. 6 RVG, kommt hier nicht in Betracht. Es verbleibt dann für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Anwalt bei den höheren Gebühren.
 

Beispiel 1: Gegenüberstellung Vergütung Wahlanwalt/bestellter oder beigeordneter Anwalt – Verteidigung im vorbereitenden Verfahren

Der Anwalt wird in einer Strafsache im vorbereitenden Verfahren mit der Verteidigung beauftragt.

a)

Das Mandat endet infolge Einstellung ohne Mitwirkung des Verteidigers unmittelbar nach Auftragserteilung.

Angemessen ist nur die Mindestgebühr.

b)

Der Anwalt gibt eine kurze Einlassung ab.

Angemessen ist die Mittelgebühr.

c)

Der Anwalt gibt eine umfangreiche Einlassung ab. Die Sache ist sehr schwierig und umfangreich.

Angemessen ist die Höchstgebühr.

 
I. Der Wahlanwalt erhält
a) im Fall a) (Mindestgebühr)
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   44,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   44,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   17,60 EUR
  Zwischensumme 105,60 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   20,06 EUR
Gesamt   125,66 EUR
b) im Fall b) (Mittelgebühr)
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   181,50 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 421,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   80,09 EUR
Gesamt   501,59 EUR
c) im Fall c) (Höchstgebühr)
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   396,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   319,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 735,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   139,65 EUR
Gesamt   874,65 EUR
II. Der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Anwalt erhält in allen drei Fällen
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   176,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   145,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 341,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   64,79 EUR
Gesamt   405,79 EUR

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