Rz. 175

Zitat

Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.

Prediction is very difficult, especially about the future.

(Diese Aussage wird u.a. Karl Valentin, Mark Twain und Niels Bohr zugeschrieben)

 

Rz. 176

 

Hinweis

Ausführlich zu Prognosen in Kapitel 15 (siehe § 15 Rn 23 ff.).

Zum Thema

Jahnke, Abfindung von Personenschadenansprüchen, 2. Aufl. 2008, § 1 Rn 165 ff.

a) Kapitalisierung

 

Rz. 177

Konkrete individuelle Umstände[129] (ausländerrechtliche Stellung,[130] wahrscheinliche vorzeitige Invalidisierung, verletzungsunabhängige Erkrankung, unstete Arbeitsweise, Konkurs des Arbeitgebers in strukturschwacher Gegend, sonstige Gründe überholender Kausalität) können einen reduzierten KF bedingen.[131]

 

Rz. 178

Bei Risikoarbeitsgruppen (z.B. Schwerarbeit, Untertagetätigkeit) ist nicht nur – wie bei Bergleuten bereits gesetzlich vorgegeben – eine verkürzte Lebensarbeitszeit mit zu berücksichtigen.[132]

[129] Vgl. OLG Hamm v. 31.1.1986 – 27 W 74/85 – r+s 1986, 180 zu den Beweisanforderungen an den Verletzten in Zeiten konjunktureller Schwierigkeiten; ferner BGH v. 24.1.1995 – VI ZR 354/93 – DAR 1995, 202 = MDR 1995, 693 = NZV 1995, 189 = r+s 1995, 218 = SP 1995, 201 = VersR 1995, 469 = zfs 1995, 170 (Wechselhafter beruflicher Werdegang) sowie OLG Hamm v. 15.8.1994 – 6 U 184/91 – r+s 1995, 256 = SP 1995, 297 (Berechnung des Verdienstausfalles bei unregelmäßigem Erwerbsleben vor dem Unfall). Siehe auch BGH v. 17.1.1995 – VI ZR 62/94 – DAR 1995, 248 = MDR 1995, 358 = NJW 1995, 1023 = r+s 1995, 139 = VersR 1995, 422 = VRS 88, 401 (Zur Ermittlung des Erwerbsschadens bei einem jungen und noch nicht in einem festen Arbeitsverhältnis stehenden Verletzten).
[131] Siehe zur Prognose: OLG Hamm v. 15.6.1998 – 6 U 85/95 – r+s 1998, 465 (Bei der Prognose, ob ein Verletzter eine Arbeitsstelle gefunden hätte, muss neben der Ausbildung und dem bisherigen Arbeitsverlauf die ungünstige Arbeitsmarktlage berücksichtigt werden. Ist die Prognose sehr ungünstig, ist auch für die Schätzung eines Mindestschadens kein Raum).
[132] Siehe auch Jahnke, Abfindung von Personenschadenansprüchen, § 1 Rn 143, 355.

b) Entwicklung

 

Rz. 179

Ein unfallbedingter Erwerbsschaden endet nicht bereits mit dem Zeitpunkt der vollständigen gesundheitlichen Wiederherstellung. Auch nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit kann Schadenersatz wegen Verdienstausfalles verlangt werden, wenn und solange die Erwerbslosigkeit noch ihre Ursache in dem Unfall hat.[133]

 

Rz. 180

Kann ein Verletzter trotz teilweise noch verbliebener Erwerbsfähigkeit keine Arbeitsstelle finden, kann im Ausgangspunkt seinem Schadenersatzbegehren der Durchschnittsverdienst zugrundegelegt, den er in der maßgeblichen Zeit ohne das Unfallgeschehen aus seiner früher ausgeübten Tätigkeit erzielt hätte.[134]

 

Rz. 181

Der Regulierung ist das Einkommen zum Unfallzeitpunkt zugrunde zu legen. Zwischenzeitliche Lohnerhöhungen sind zu berücksichtigen. Behauptete Gehaltsaufbesserungen und berufliche Aufstiege, die infolge des Unfalles unterblieben sein sollen, sind grundsätzlich zwar mit einzubeziehen, der vom Verletzten zu erbringende Nachweis ist allerdings häufig schwer. Ebenso sind konjunkturelle Begleitumstände (Kurzarbeit, Konkurse, Entlassungen; siehe auch § 15 Rn 35 ff.)[135] zu berücksichtigen.

 

Rz. 182

Bei der Ermittlung des Fiktivverdienstes ist auch einzubeziehen, dass ein Verletzter nach Beendigung einer Ausbildung zum Wehr- oder Zivildienst eingezogen worden wäre. Für diesen Zeitraum sind (dann nur) der Wehrsold und der Wert der bei der Bundeswehr gewährten Verpflegung als fiktives Einkommen anzunehmen[136] (siehe auch unten Rn 1445).

 

Rz. 183

Bei der Prognose zur voraussichtlichen Entwicklung der Erwerbstätigkeit des Geschädigten ohne das Unfallereignis sind auch solche Entwicklungen mit einzubeziehen, die sich erst nach dem Unfallgeschehen bis zur letzten mündlichen Verhandlung ergeben.[137]

 

Rz. 184

Zur künftigen Entwicklung ist ergänzend auf die Ausführungen im Rahmen der Kapitalisierung hinzuweisen (siehe § 15 Rn 29 ff.).

[133] BGH v. 2.4.1991 – VI ZR 179/90 – DAR 1991, 260 = MDR 1991, 602 = NJW 1991, 2422 = VersR 1991, 703 = zfs 1991, 262 (nur Ls.), BGH v. 11.1.1951 – III ZR 187/50 – BGHZ 1, 45 = NJW 1951, 195; OLG Hamm v. 23.11.2004 – 9 U 203/03 – OLGR 2005, 305.
[134] BGH v. 25.1.1968 – III ZR 122/67 – VersR 1968, 396 (Entsprechendes gilt auch für den Ersatzanspruch eines Betriebsinhabers, der seine restliche Arbeitskraft weder im eigenen Betrieb noch in sonstiger Weise verwerten kann); OLG Hamm v. 21.6.1999 – 6 U 59/99 – DAR 2000, 264 = MDR 2000, 539 = OLGR 2000, 312 = r+s 2000, 199 = SP 2000, 123 (Verdienstausfallersatz bei nicht unfallkausalem Verlust einer nach dem Unfall angetretenen neuen Arbeitsstelle, wenn der Geschädigte ohne den Unfall bei seinem ersten Arbeitgeber weiterbeschäftigt gewesen wäre).
[135] Siehe OLG Karlsruhe v. 25.1.1989 – 1 U 1/88 – NZV 1990, 269 = VRS 90, 1.
[136] OLG Köln v. 21.3.1997 – 19 U 158/96 – VersR 1998, 507.
[137] BG...

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