Rz. 886

Nicht selten ist sich der Verletzte gar nicht bewusst, dass er besonderen sozialrechtlichen Versicherungsschutz genießt,[508] manchmal (aber nicht immer) hat dies allerdings für ihn auch haftungsrechtliche, den Personenschaden ausschließende, Konsequenzen (Haftungsausschluss nach §§ 104 ff. SGB VII, früher §§ 636 ff. RVO).

[508] Zum Schutz im Detail Jahnke, Unfalltod und Schadenersatz, 2. Aufl. 2012, § 2 Rn 647 ff., Jahnke/Thinesse-Wiehofsky, § 3 Rn 378 ff.

(a) Versicherte, § 2 ff. SGB VII

 

Rz. 887

Der Katalog des § 2 SGB VII (für Unfälle bis 31.12.1996: § 539 RVO) beschreibt umfänglich den geschützten (pflichtversicherten) Personenkreis. Die in § 2 SGB VII genannten Personen (vor allem Arbeitnehmer) genießen bei einem Arbeits- und Arbeitswegeunfall Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.[509]

 

Rz. 888

Ergänzt wird der Versichertenkreis um diejenigen Personen, die – auch bei nur vorübergehender Tätigkeit – wie ein nach § 2 I SGB VII Versicherter tätig geworden sind, § 2 II SGB VII.

 

Rz. 889

Neben der Pflichtversicherung aufgrund Gesetzes nach dem Katalog des § 2 SGB VII sind Versicherungen kraft Satzung oder freiwilligen Beitrittes (§§ 3, 6 SGB VII) begründbar. Satzungen der UVT können beispielsweise eine Versicherung aller Personen vorsehen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten (§ 3 I Nr. 2 SGB VII).[510]

[509] BSG v. 15.5.2012 – B 2 U 8/11 R – BSGE 111, 37 = DB 2013, 1124 = jurisPR-SozR 24/2012 Anm. 3 (Anm. Schlaeger) (Ein Beschäftigter (§ 2 I Nr. 1 SGB VII) verrichtet nur dann eine unfallversicherte Tätigkeit, wenn er arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten oder vermeintliche, aber legitimerweise angenommene Pflichten solcher Art erfüllt oder wenn er eigene, unternehmensbezogene Rechte betriebsverfassungsrechtlicher Art wahrnimmt).
[510] OLG Hamm v. 4.2.2002 – 6 U 130/01 – NJW-RR 2002, 1389 = NZV 2003, 32 = r+s 2002, 453 (Besucher beim "Tag der offenen Tür" einer Kaserne).

(b) Nasciturus (Leibesfrucht)

 

Rz. 890

Bei Verletzung von Schwangeren anlässlich eines Arbeits-/Arbeitswegeunfalls ist auch die Leibesfrucht durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt (§ 12 SGB VII). Für den Haftungsausschluss gelten §§ 104 ff. SGB VII (§§ 104 II, 105 I 3 SGB VII).

 

Rz. 891

Für Beamte gilt eine § 12 SGB VII vergleichbare Bestimmung in § 30 I 2 BeamtVG.

(c) Nicht-versicherte Unternehmer im Falle des § 105 II SGB VII

 

Rz. 892

Unternehmer, die nicht bereits gesetzlich, kraft Satzung oder freiwillig gesetzlich unfallversichert sind, können trotzdem nach Maßgabe des § 105 II SGB VII Leistungen erhalten (siehe dazu § 5 Rn 148 ff.).

(d) Übersicht

 

Rz. 893

 

Zum Thema

Burmann/Jahnke "Gesetzliche Unfallversicherung – Soziale Sicherung und Haftpflichtabsicherung" NZV 2014, 5; Krasney "Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bei Erhalt von stationären Behandlungen – Drei Problemfelder" NZS 2011, 601; Ricke "Zuständigkeiten in der Unfallversicherung und Satzungsrecht" NZS 2012, 417; Ricke "Haftungsbeschränkung nach § 104 SGB VII für "weitere" Unternehmer – zum Meinungsumschwung des BGH" NZS 2011, 454; Spellbrink "Die Beteiligung des Schädigers am Verwaltungsverfahren des Unfallversicherungsträgers mit dem Geschädigten im Lichte der neueren Rechtsprechung des BSG" NZS 2013, 441; Wussow-Zoll, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 2 Rn 246 ff., ­Wussow-Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 80 Rn 29 ff., 302 ff.

 

Rz. 894

 

§ 2 SGB VII – Versicherung kraft Gesetzes

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1. Beschäftigte,
2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4. behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 143 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.

Personen, die

a) Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b) im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c) in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbstständig tätig sind,
d) ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e) ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,

wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.

6. Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7. selbstständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier ...

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