Rz. 1436

 

Hinweis

Zur Gesetzesbegründung weiter oben (siehe Rn 1386 ff.).

Zum Thema

Jahnke/Thinesse-Wiehofsky, 1. Aufl. 2013, § 3 Rn 138 ff., Wussow-Schneider, Unfallhaftpflichtrecht, 16. Aufl. 2014, Kap. 78 Rn 38 ff.

 

Rz. 1437

 

§ 119 SGB X – Übergang von Beitragsansprüchen

(1) 1Soweit der Schadenersatzanspruch eines Versicherten den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung umfasst, geht dieser auf den Versicherungsträger über, wenn der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadensereignisses bereits Pflichtbeitragszeiten nachweist oder danach pflichtversichert wird; dies gilt nicht, soweit

1. der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt fortzahlt oder sonstige der Beitragspflicht unterliegende Leistungen erbringt oder
2. der Anspruch auf Ersatz von Beiträgen nach § 116 übergegangen ist.

2Für den Anspruch auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gilt § 116 Absatz 3 Satz 1 und 2 entsprechend, soweit die Beiträge auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem bei unbegrenzter Haftung zu ersetzenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und der bei Bezug von Sozialleistungen beitragspflichtigen Einnahme entfallen.

(2) 1Der Versicherungsträger, auf den ein Teil des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung nach § 116 übergeht, übermittelt den von ihm festgestellten Sachverhalt dem Träger der Rentenversicherung auf einem einheitlichen Meldevordruck.

2Das Nähere über den Inhalt des Meldevordrucks und das Mitteilungsverfahren bestimmen die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.

(3) 1Die eingegangenen Beiträge oder Beitragsanteile gelten in der Rentenversicherung als Pflichtbeiträge.

2Durch den Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen darf der Versicherte nicht schlechter gestellt werden, als er ohne den Schadenersatzanspruch gestanden hätte.

(4) 1Die Vereinbarung der Abfindung von Ansprüchen auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung mit einem ihrem Kapitalwert entsprechenden Betrag ist im Einzelfall zulässig.

2Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gelten für die Mitwirkungspflichten des Geschädigten die §§ 60, 61, 65 Absatz 1 und 3 sowie § 65a des Ersten Buches entsprechend.

 

Rz. 1438

Mit der Neufassung des § 119 SGB X n.F. durch das 4. Euro-Einführungsgesetz[901] kommt diese Vorschrift zur Anwendung, wenn der Verletzte

im Unfallzeitpunkt rentenpflichtversichert ist oder
im Unfallzeitpunkt zwar nicht pflichtversichert ist, zu einem späteren Zeitpunkt dann erstmalig oder erneut rentenpflichtversichert wird oder
im Unfallzeitpunkt nicht mehr pflichtversichert ist, aber irgendwann vor dem Unfallzeitpunkt bereits Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung hatte.
 

Rz. 1439

Nach dem vorangegangenen, bis zum 31.12.2000 geltenden, Recht musste der Verletzte exakt (gerade) im Unfallzeitpunkt rentenpflichtversichert sein, eine frühere oder spätere Pflichtversicherung war unbeachtlich. Dieses ist geändert und erweitert: Geschützt sind alle Personen, die irgendwann einmal Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt haben oder zahlen werden. Der Regress nach § 119 SGB X ist auch eröffnet, wenn für den Verletzten zu einem späteren Zeitpunkt Rentenpflichtversicherungsbeiträge abgeführt werden oder der Verletzte früher einmal pflichtversichert war. Dieses ist u.a. der Fall, wenn der Verletzte später in einer Werkstatt für Behinderte untergebracht wird, aber auch, wenn für Kindererziehung oder anlässlich einer Scheidung Pflichtbeiträge eingestellt werden. Gerade nicht erforderlich ist, dass ein Pflichtversicherungsverhältnis nach dem Unfall fortbesteht.[902]

 

Rz. 1440

Die Zahlung nur von freiwilligen Beiträgen zur Rentenversicherung reicht auch nach § 119 SGB X n.F. nicht aus, den Regress nach § 119 SGB X zu eröffnen.[903] (Siehe auch oben Rn 1430).

 

Rz. 1441

Ein Anspruch nach § 119 SGB X soll nach der gesetzgeberischen Begründung[904] nicht bereits dann bestehen, wenn davon auszugehen ist, dass der Geschädigte, wäre es zum Schadenereignis nicht gekommen, eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen hätte (keine fiktive ­Betrachtung). Hier muss der Geschädigte selbst tätig werden. Erst wenn der Geschädigte nach dem Schadenereignis auch tatsächlich pflichtversichert wird, geht insoweit der Anspruch auf den RVT über. Es kommt auf den Buchungstagder Beiträge und nicht auf den Zeitraum an, für den gebucht wird (z.B. rückwirkende Beitragsleistungen für ausscheidende und nachzuversichernde Beamte); entscheidend ist die tatsächliche Beitragszahlung (siehe Rn 1639).

 

Rz. 1442

Ein Abfindungsvergleich mit dem Direktgeschädigten kann den Anspruch des RVT nach § 119 SGB X ausschließen (siehe dazu Rn 1662 ff.).

[901] Art. 10 Nr. 8 Gesetz zur Einführung des Euro im Sozial- und Arbeitsrecht sowie zur Änderung anderer Vorschriften (4. Euro-Einführungsgesetz) v. 31.12.2000 BGBl I 2000, 1983. Bekanntmachung der Neufassung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch v. 18.1.2001 BGBl I 2001, 130.
[902] BGH v. 18.12.2007 – VI ZR 278/06 – BGHReport 2008, 435 = DAR 2008, 200 (nur Ls.) = FamRZ 2008, 685 = MD...

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