Rz. 251

Sofern die (verhältnismäßigen) Möglichkeiten des Nachlasspflegers erschöpft sind, muss geprüft werden, ob die Einschaltung eines professionellen Erbenermittlers sinnvoll ist. Dies ergibt sich letztlich aus § 1793 BGB (in Verbindung mit § 1915 BGB), der sogar von einer "Pflicht" des Vormundes (lies: Nachlasspflegers) spricht, im Interesse des Mündels (lies: Erben) zu handeln. Wo es um Fachkenntnisse geht, über die der Vormund (lies: Nachlasspfleger) nicht verfügt, kann die Einschaltung eines sachkundigen Dritten sogar geboten sein.[129]

 

Rz. 252

Dem Grunde nach ist es allgemein anerkannt, dass der Nachlasspfleger einen (gewerblichen) Erbenermittler einschalten kann[130] und eine hierfür erteilte Vollmacht keiner Genehmigung des Gerichts bedarf.[131] Allerdings darf der Nachlasspfleger nicht sein gesamtes Amt einem Dritten übertragen.[132]

 

Rz. 253

Bei werthaltigen Nachlässen und ganz oder teilweise ungeklärter Erbfolge ist eine Einschaltung daher regelmäßig anzuraten oder unter Umständen sogar verpflichtend,[133] wenn der Pfleger selbst die Aufgabe der Erbenermittlung nicht vollständig erbringen kann, so dass die ansonsten z.B. gebotene Feststellung des Fiskuserbrechts oder die Durchführung eines Verfahrens nach § 352 d FamFG die Ausnahme bleibt.[134] Er muss zumutbare und übliche Maßnahmen der Erbenermittlung (Basisrecherchen) jedoch zunächst selbst durchführen, ansonsten macht er sich den Erben gegenüber gegebenenfalls schadensersatzpflichtig.[135]

 

Rz. 254

Die Einschaltung des Erbenermittlers sollte in der Regel auf dessen eigenes wirtschaftliches Risiko erfolgen. Sein Honorar hat er dann regelmäßig mit dem durch ihn ermittelten Erben zu vereinbaren. In deutschen Nachlasssachen wurden dabei Honorare zwischen 10 und 33 % (zzgl. Mehrwertsteuer) durch diverse Gerichte als angemessen angesehen.[136] Es handelt sich dann üblicherweise um ein reines Erfolgshonorar, das vom Erben nur im Falle der Auszahlung der Erbschaft zu entrichten ist. Möglich ist es allerdings ebenso, dass schon der Nachlasspfleger mit dem Erbenermittler eine Honorarvereinbarung abschließt und damit der Erbenermittler von Beginn an als beauftragter und direkt bezahlter Dienstleister des Nachlasspflegers tätig wird. Hierbei sollte gleichfalls eine prozentuale Erfolgsvergütung zwischen dem Nachlasspfleger und dem Erbenermittler vereinbart werden. Stundenhonorare sind unüblich und können zu einer unvorhergesehen hohen Belastung des Nachlasses (bis hin zu dessen Aufbrauchen) führen. Insbesondere für Fälle, in denen nur geringer Nachlasswert vorhanden ist, oder z.B. bei reinen Urkundenbeschaffungen, bietet sich die unmittelbare Vereinbarung des Honorars zwischen dem Nachlasspfleger und dem Erbenermittler an.

Der Erbenermittler muss regelmäßig – je nach den Umständen des Einzelfalls – mehr oder weniger zeit- und kostenaufwendige Tätigkeiten entfalten, um einen bislang unbekannten Erben zu ermitteln, ohne dass ihm ein (gesetzlicher) Vergütungsanspruch zusteht, wenn seine Bemühungen erfolglos bleiben oder ihm kein entsprechender Auftrag erteilt worden ist. Gelingt es ihm aber, den Erben ausfindig zu machen, kommt dieser in den unerwarteten Genuss eines Vermögenszuwachses aus der Erbmasse. Dann ist es aber grundsätzlich auch interessengerecht, dem Erbenermittler ein Honorar hierfür zuzubilligen. Da sich seine Tätigkeiten im Hinblick auf Zeit- und Kostenaufwand sehr unterschiedlich gestalten können, liegt der Höhe seiner Vergütung in der Regel eine Mischkalkulation zugrunde, die sich auch mit z.B. 33 % Honoraranspruch noch im Rahmen des Angemessenen bewegt.[137] Insbesondere bei Nachlässen mit geringeren Werten, sind Honorare im Bereich um 35 % des Nachlasses inzwischen häufig anzutreffen, weil häufig nur so kostendeckend und gewinnbringend der mit einer umfangreichen Erbenermittlung verbundene Aufwand entlohnt werden kann.

Schließt der Erbenermittler eine Honorarvereinbarung mit dem Erben, ist eine darin enthaltene AGB-Vertragsklausel, die die Auskunftsrechte des Erben beschränkt, nicht zu beanstanden. Dies insbesondere, wenn die Erteilung von Auskünften daran geknüpft ist, dass auch alle weiteren Miterben dem Erbenermittler Vertretungsunterlagen erteilen. Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt einer solchen Vertragsbedingung liegt nach Ansicht des BGH beim Erben.[138] Dies stärkt die Position der Erbenermittler gegenüber den Erben, die anderenfalls berechtigte Honoraransprüche des Erbenermittlers, z.B. durch geschicktes Taktieren innerhalb der Erbengemeinschaft, aushebeln könnten.

 

Rz. 255

Der Erbenermittler erhält bei seiner Beauftragung durch den Nachlasspfleger die diesem bereits vorliegenden Informationen nebst einer Legitimation. Diese Legitimation wird der Erbenermittler benötigen, weil er damit ein Auskunftsrecht für seine Recherchen z.B. bei Standesämtern hat. Das Standesamt ist verpflichtet, dem bevollmächtigten gewerblichen Erbenermittler die für seine Nachforschungen erforderlichen Unterlagen (z.B. Geburtsurkunde, Sterbefallanzeig...

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