Rz. 303

Gemäß §§ 114 Abs. 1, 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG müssen sich die Beteiligten einer im Zusammenhang mit einer Trennung stehenden Streitigkeit vor dem Familiengericht anwaltlich vertreten lassen. Denn es handelt sich, soweit es indirekt oder direkt um das Getrenntleben der Beteiligten oder dessen Folge geht, um einen Anspruch zwischen miteinander verheirateten Personen im Zusammenhang mit Trennung, § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Das wiederum ist gemäß § 112 Nr. 3 FamFG eine selbstständige Familienstreitsache im Sinne des § 114 Abs. 1 FamFG. Es besteht Anwaltszwang. Die Beteiligten können ohne rechtliche Vertretung durch einen Rechtsanwalt keine wirksamen Verfahrensanträge stellen.

 

Rz. 304

Handelt es sich hingegen um gerichtliche Verfahren, die Ehewohnung und Haushaltsgegenstände betreffend, werden diese als Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit qualifiziert, § 111 Nr. 5 FamFG, und nicht als Familienstreitsachen. In diesen Verfahren besteht deshalb kein Anwaltszwang, §§ 10, 114 FamFG. Die Beteiligten müssen sich nicht zwangsläufig vor Gericht anwaltlich vertreten lassen. Sie können selbst wirksam Verfahrensanträge stellen.

 

Rz. 305

Wie in jedem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt auch hier der Amtsermittlungsgrundsatz.[264] Der Amtsermittlungsgrundsatz beinhaltet, dass den Beteiligten im Verfahren zwar eine materielle Feststellungslast obliegt, sie also Tatsachen, die ihren Anspruch begründen, vortragen und unter Umständen auch unter Beweis stellen müssen. Im Gegensatz zum Beibringungsgrundsatz ist das Gericht aber berechtigt und verpflichtet, ohne Rücksicht auf den Vortrag der Beteiligten bzw. deren Beweisangebote von Amts wegen Tatsachen zu erforschen, in die Verhandlung einzuführen und ihre Wahrheit festzustellen.[265]

 

Rz. 306

Auch in Verfahren der einstweiligen Anordnung oder der Verfahrenskostenhilfe fehlt es an dem Erfordernis, sich durch einen Anwalt vertreten lassen zu müssen, um rechtswirksame Verfahrensanträge stellen zu können, § 114 Abs. 4 Nr. 1 bzw. Nr. 5 FamFG. Das gilt selbst dann, wenn das Einstweilige-Anordnungsverfahren oder das Verfahrenskostenhilfeverfahren eine Familienstreitsache beinhalten, bei deren isolierter Betrachtung eine anwaltliche Vertretung eigentlich vorgesehen wäre. In diesem Rahmen können die Beteiligten dann Ansprüche, die im Zusammenhang mit der Trennung zwischen den Ehegatten bestehen, § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, selbst und ohne anwaltliche Unterstützung geltend machen – und damit unter Umständen Kosten sparen.

 

Rz. 307

 

Hinweis

Hinsichtlich direkt mit der Trennung von Ehegatten im Zusammenhang stehenden Ansprüchen herrscht Anwaltszwang für die gerichtliche Geltendmachung, soweit es sich um Familienstreitsachen handelt; in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit besteht der Anwaltszwang nicht.

Kein Anwaltszwang gilt bei Verfahren der einstweiligen Anordnung oder der Verfahrenskostenhilfe.

[264] Schulte-Bunert/Weinreich/Weinreich, § 206 FamFG Rn 1.
[265] Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, Einl I Rn 6.

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