Rz. 98

Wichtig ist, schon im außergerichtlichen Bereich die Kosten der Rechtsverfolgung günstig zu gestalten, gerade dann, wenn keine Rechtsschutzversicherung vorhanden ist. Damit wird letztendlich auch dem Grundsatz der Verfahrensökonomie Rechnung getragen. Idealerweise sollte für den Mandanten ein bestmögliches Ergebnis, gleichsam schnell und dazu unter Vermeidung überflüssiger Kosten und Gebühren erzielt werden. Zwar gibt es keine gesetzlichen Vorgaben zur Prozesswirtschaftlichkeit, jedoch findet sich der Begriff in zahlreichen, auch höchstrichterlichen Entscheidungen.[84]

 

Rz. 99

Ist noch kein Rechtsstreit anhängig, bestehen folgende Möglichkeiten, Kostenlast und -risiko zu begrenzen:

[84] Allein in der zivilprozessualen Rechtsprechung des BGH finden sich über juris knapp 800 Treffer.

I. Beratungshilfe

 

Rz. 100

Gemäß § 16 Abs. 1 BORA ist der Rechtsanwalt verpflichtet, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeiten von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen.[85] Ein Anspruch auf Beratungshilfe ist in allen Bundesländern gegeben außer in Hamburg und Bremen. Dort können Rechtssuchende stattdessen eine öffentliche Beratungsstelle aufsuchen (in Berlin können sie zwischen diesen Alternativen wählen).

 

Rz. 101

Möglicherweise ergeben sich aus der Schilderung des Sachverhalts maßgebende Indizien dafür, dass der Mandant die Kosten und Gebühren nicht wird tragen können. Allein aus der Tatsache, dass der Mandant Student, Berufsanfänger oder Berufstätiger mit erfahrungsgemäß niedrigem Einkommen[86] ist, folgt indes noch keine zwangsläufige Kostenhilfebedürftigkeit, denn maßgebend sind nicht nur die Einkommens-, sondern auch die Vermögensverhältnisse des Mandanten.[87] Das Schonvermögen (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII), das der Mandant nicht antasten muss, liegt derzeit bei 5.000,00 EUR zuzüglich weiterer 500,00 EUR für jede überwiegend unterhaltene Person. Meist ist es leichter, anhand der Vermögenssituation anstatt der Einkommensverhältnisse zu klären, ob ein Anspruch auf Kostenbeihilfe besteht, indem dem Mandanten Nachfragen zum Vermögen gestellt werden, etwa zur Höhe von Konto- oder Sparguthaben, zu einem etwaigen Bausparvertrag oder zum aktuellen Rückkaufswert einer Lebensversicherungspolice. Ist der Mandant unvermögend, sollte dann bei entsprechenden Anhaltspunkten die Einkommenslage abgefragt werden.

 

Rz. 102

Es liegt im ureigenen Interesse des Anwalts, die Bezahlung seiner Gebühren sicherzustellen. Deshalb empfiehlt sich, im Besprechungstermin gemeinsam mit dem Mandanten das Beratungs- bzw. Prozesskostenhilfeformular auszufüllen, vom Mandanten unterzeichnen zu lassen und sich von den erforderlichen Unterlagen Kopien anzufertigen, wenn ein Anspruch auf staatliche Unterstützung besteht, § 6 Abs. 2 BerHG.[88] Beratungshilfeformulare können vom Mandanten auch unter dem Justizportal des jeweiligen Bundeslandes online abgerufen und vor dem Besuch der Rechtsanwaltskanzlei ausgefüllt werden, falls nicht ohnehin ein entsprechender Link auf der Homepage der Kanzlei vorhanden ist.

 

Rz. 103

Alternativ kann der Mandant bereits anlässlich einer Terminvergabe gebeten werden, sich noch vor dem Besprechungstermin vom örtlichen Amtsgericht einen Berechtigungsschein ausstellen zu lassen, § 6 Abs. 1 BerHG. Dies erleichtert dem Rechtsanwalt die Abrechnung des Beratungshilfemandates, weil dann im Nachhinein die Angelegenheit nicht mehr dargestellt und die Bedürftigkeit nicht mehr nachgewiesen werden müssen.

 

Rz. 104

Für die Bewilligung von Beratungshilfe kommt es nicht darauf an, ob Erfolgsaussichten für die Geltendmachung von Ansprüchen bzw. die Verteidigung hiergegen bestehen. Entscheidend ist allein, dass die Wahrnehmung der Rechte nicht offensichtlich mutwillig ist, § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG.

 

Rz. 105

Die Gewährung von Beratungshilfe ist ausgeschlossen, wenn ein Anwalt bereits tätig war, eine günstigere zumutbare Hilfe besteht, z.B. durch die Schuldnerberatung, den Mieterverein oder das Jugendamt. Auch wenn eine Rechtsschutzversicherung eintritt oder bereits ein gerichtliches Verfahren in selbiger Sache anhängig ist, kann keine Beratungshilfe gewährt werden.

 

Rz. 106

Folgende Unterlagen werden zum Nachweis der Bedürftigkeit regelmäßig verlangt:

Bescheinigung über das aktuelle Einkommen

Lohn- oder Gehaltsabrechnungen der letzten drei Monate,
Rentenbescheid, Bescheid über den Bezug von Arbeitslosengeld oder BAföG,
Erhalt von Unterhalt und/oder Wohngeld,
bei Selbstständigen die Steuerbescheide der letzten drei Jahre, ggf. die aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA);

Kontoauszüge der letzten sechs Wochen

hinsichtlich aller der auf Namen des Mandanten laufenden Konten;

Nachweise über Zahlungsverpflichtungen und deren tatsächliche Zahlung, z.B.

Miet-, Darlehens- und Versicherungsverträge,
Unterhaltsvereinbarungen.
 

Rz. 107

Der Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe ist beim Amtsgericht am Wohnsitz des Rechtsuchenden einzureichen, um die entstandene Beratungsgebühr bei der Landeskasse abzurechnen. Dem Mandanten kann eine Schutzgebühr von 15,00 EUR ...

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