Rz. 242

Bei der betriebsbedingten Kündigung hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass dringende betriebliche Erfordernisse die Kündigung bedingen.

Damit die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen rechtswirksam sein kann, muss der Arbeitgeber für das Gericht erkennbar darstellen, ob und weshalb durch inner- oder außerbetriebliche Gründe das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung einer oder mehrerer Arbeitnehmer entfallen oder innerhalb einer Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer gesunken ist.[452] Schlagwortartige Beschreibungen reichen dazu nicht aus.[453]

 

Rz. 243

Ob und was der Arbeitnehmer vortragen muss, hängt wiederum davon ab, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber vorträgt. Hat der Arbeitgeber schlüssig und mit erheblichem Tatsachenvortrag erläutert, dass und welche Unternehmerentscheidung getroffen wurde und wie diese Unternehmerentscheidung im Betrieb zu einem Überhang an Arbeitnehmern führt, muss der Arbeitnehmer selbst sich zu diesem Vortrag einlassen. Trägt der Arbeitgeber jedoch vor, ohne seinen Sachvortrag näher zu konkretisieren, so muss sich der Arbeitnehmer zwar dazu einlassen, ohne jedoch selbst konkreter als der Arbeitgeber vorzutragen.

 

Rz. 244

Dem Arbeitgeber obliegt die Verpflichtung auf den ausreichenden Vortrag des Arbeitnehmers seinerseits tatsächliche Einzelheiten für den Kündigungsgrund vorzutragen.[454]

Substantiierten Sachvortrag des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer gemäß § 138 Abs. 4 ZPO vielfach zulässigerweise mit Nichtwissen bestreiten, da er regelmäßig an dem Zustandekommen und dem Inhalt der unternehmerischen Entscheidung nicht beteiligt ist und dies somit seiner Wahrnehmung entzogen ist.[455]

 

Rz. 245

 

Hinweis

Gerade bei nicht erheblichem Sachvortrag des Arbeitgebers ist in Fällen der betriebsbedingten Kündigung von Seiten des Arbeitnehmervertreters ratsam, durch eigenen Vortrag die Gegenseite nicht dazu zu verleiten, im Anschluss darauf die entscheidenden Punkte doch noch vorzutragen.

 

Rz. 246

Auch hinsichtlich der Dringlichkeit des betrieblichen Erfordernisses hat der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber kann zunächst behaupten, er habe die Kündigung durch andere Maßnahmen nicht vermeiden können

Dann hat der Arbeitnehmer darzulegen, dass trotz der Unternehmerentscheidung durch eine innerbetriebliche Maßnahme,[456] die im Zuge der Umsetzung der Unternehmerentscheidung durchgeführt hätte werden können, seine Weiterbeschäftigung möglich gewesen wäre bzw. seine Entlassung vermieden hätte werden können.

 

Rz. 247

Anschließend hat der Arbeitgeber im Einzelnen und unter Beweisantritt vorzutragen, weshalb die innerbetriebliche Maßnahme nicht möglich oder zumutbar ist.[457]

Die Darlegungs- und Beweislast zu den Tatsachen der unternehmerischen Entscheidung, die offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist, trägt nach dem BAG der Arbeitnehmer.[458]

 

Rz. 248

Auch bei der fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht die abgestufte Darlegungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO. Es genügt, wenn der Arbeitgeber zunächst pauschal auf die fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten verweist.

Danach erst hat der Arbeitnehmer, sofern es ihm möglich ist, etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Ist ihm das aufgrund mangelnder näherer Kenntnisse unmöglich, so reicht es aus, wenn er Arbeitsbereiche benennt.

Im Anschluss daran hat der Arbeitgeber genau darzulegen, dass solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht bestehen.[459]

[452] KR/Griebeling/Rachor, § 1 KSchG Rn 592.
[454] HaKo/Mestwerdt/Zimmermann, § 1Teil F KSchG Rn 916.
[456] Vgl. oben zu den einzelnen milderen Mitteln, die der Annahme der Dringlichkeit entgegenstehen können.
[457] KR/Griebeling/Rachor, § 1 KSchG Rn 593.
[458] BAG v. 18.1.1.1990 – 2 AZR 357/89, NZA 1990, 729.
[459] HWK/Quecke, § 1 KSchG Rn 292.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge