Rz. 32
Der Gegenstandswert der gerichtlichen Tätigkeit kann gleich, höher oder niedriger sein als der Wert der außergerichtlichen Tätigkeit.
▪ | Ist der Gegenstandswert gleich, dann wird die Geschäftsgebühr nach dem vollen Wert der außergerichtlichen Tätigkeit auf die Verfahrensgebühr des nachfolgenden Verfahrens angerechnet. |
▪ | Ist der Gegenstandswert der gerichtlichen Tätigkeit höher, dann wird die Geschäftsgebühr ebenfalls nach dem vollen Wert der außergerichtlichen Tätigkeit angerechnet. |
▪ | Ist der Gegenstandswert der gerichtlichen Tätigkeit niedriger als der Wert der außergerichtlichen Tätigkeit, dann ist die Degression der Gebührentabelle zu berücksichtigen. In diesem Fall erfolgt die Anrechnung nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist (Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 5 VV RVG). Es ist zu empfehlen, in solchen Fällen die Vergütung wie in nachfolgendem Beispiel zu berechnen. Achten Sie auf die übersichtliche Darstellung mit zwei Betragsspalten. |
Beispiel:
Wie vorstehend. RA Rost fordert für Assel außergerichtlich 5.000,00 EUR von Schlumpf, der auf eine Mahnung des Gläubigers nicht reagiert hat. Nachdem Schlumpf nach Erhalt der anwaltlichen Abmahnung 3.000,00 EUR gezahlt hat, erteilt Assel RA Rost Klageauftrag über die restlichen 2.000,00 EUR. Nach Zustellung der Klageschrift zahlt Schlumpf auch den Restbetrag. Die Vergütung von RA Rost wird dann so berechnet:
I. Vergütungsrechnung für die außergerichtliche Tätigkeit
Gegenstandswert: 5.000,00 EUR
0,5 | Geschäftsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 Anm. Abs. 2 S. 2 VV RVG | 167,00 EUR |
20 % | Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG |
20,00 EUR |
187,00 EUR | ||
19 % | USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG | 35,53 EUR |
222,53 EUR |
II. Vergütungsrechnung für die Tätigkeit im Zivilprozess
Gegenstandswert: 2.000,00 EUR
1,3 | (Wert: 2.000,00 EUR) | 215,80 EUR | |
darauf ist gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen: |
|||
0,25 | Geschäftsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG, Nr. 2300 Anm. Abs. 2 S. 2 VV RVG (Wert: 2.000,00 EUR) * |
– 41,50 EUR | 174,30 EUR |
20 % | Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte (für den Zivilprozess) gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG ** |
20,00 EUR | |
194,30 EUR | |||
19 % | USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG | 36,92 EUR | |
231,22 EUR |
* | Die Geschäftsgebühr entstand nach einem Wert von 5.000,00 EUR und kann nicht nachträglich weggenommen werden, jedoch muss sie angerechnet werden, allerdings nur nach dem Wert, der in das gerichtliche Verfahren übergegangen ist. Achten Sie auf die Werte! |
** | Die Auslagenpauschale entsteht nach Nr. 7002 VV RVG in jeder Angelegenheit und wird nicht angerechnet, da es hierfür keine Anrechnungsvorschrift gibt. Die Auslagenpauschale in der zweiten Rechnung wird mit 20 % von der 1,3 Verfahrensgebühr vor der Anrechnung der Geschäftsgebühr berechnet – was hier ohne Auswirkungen bleibt, da auf jeden Fall die höchstzulässigen 20,00 EUR erreicht werden. |
Rz. 33
In vorstehender Berechnung muss die Geschäftsgebühr nur nach dem Wert von 2.000,00 EUR, der gerichtlich geltend gemacht wurde, angerechnet werden (Vorbemerkung Abs. 4 S. 5 VV RVG). Dagegen bleibt die bereits verdiente Geschäftsgebühr, die sich aus der nur außergerichtlichen Tätigkeit ergibt, zusätzlich zu der durch die Anrechnung verminderten Verfahrensgebühr erhalten. In der alltäglichen Praxis wird dies häufig umgekehrt durchgeführt. Es ist nun aber keineswegs so, dass die Geschäftsgebühr durch die Anrechnung gekürzt würde und die Verfahrensgebühr in Höhe von 215,80 EUR für die Prozesstätigkeit bliebe erhalten, sondern die (hälftige) Geschäftsgebühr muss auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden, wodurch diese vermindert wird – wie oben im Beispiel dargestellt. Dies gilt jedoch gem. § 15a Abs. 3 RVG grundsätzlich nur gegenüber dem Auftraggeber des RA und nicht gegenüber einem kostenerstattungspflichtigem Gegner. Beachten Sie hierzu auch das nachfolgende Kapitel. Zum Verständnis der Berechnungsweise achten Sie bitte auf die angegebenen Gegenstandswerte.
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