Rz. 70

Das Sonderkündigungsrecht[158] erlischt gemäß § 650r Abs. 1 S. 2 BGB zwei Wochen (Zugang der Kündigungserklärung beim Unternehmer innerhalb dieser Frist)[159] nach Vorlage der Unterlagen (d.h. Zugang der eindeutig nach § 650p Abs. 2 BGB erkennbaren Unterlagen beim Besteller): endgültiges Erlöschen des Sonderkündigungsrechts, 1. Halbs.

 

Rz. 71

Ist der Besteller jedoch Verbraucher (i.S.v. § 13 BGB), erlischt das Sonderkündigungsrecht nur dann, wenn der Unternehmer ihn (Stichwort: Verbraucherschutz) bei (d.h. im Zeitpunkt) der Vorlage der Unterlagen nach § 650p Abs. 2 BGB[160] (Planungsgrundlage und Kostenschätzung) in Textform (vgl. § 126b BGB,[161] vorstehend § 2 Rdn 89) über

das Kündigungsrecht,
die Frist, in der es ausgeübt werden kann, und
die Rechtsfolgen der Kündigung

unterrichtet hat (Belehrungspflicht, 2. Halbs.).[162]

 

Rz. 72

Ein entsprechender Verbrauchervertrag i.S.v. § 310 Abs. 3 BGB liegt vor, wenn es sich beim Besteller um einen Verbraucher i.S.v. § 13 BGB und beim Unternehmer (Architekt oder Ingenieur) um einen Unternehmer i.S.v. § 14 BGB handelt. Die entsprechende Belehrungspflicht des Unternehmers bei Vorliegen eines Verbrauchervertrags soll dem Verbraucher seine Rechte vollumfänglich bewusst machen, sodass Verbraucher nicht durch bloße Unkenntnis von der Ausübung ihres Kündigungsrechts abgehalten werden.[163]

 

Rz. 73

Mit dem endgültigen Erlöschen des Sonderkündigungsrechts besteht der ursprünglich abgeschlossene Vertrag uneingeschränkt weiter[164] (Fortbestehen des ursprünglichen Vertrags bei Erlöschen des Sonderkündigungsrechts).

 

Rz. 74

 

Beachte:

Auch wenn in Bezug auf einen b2b-Vertrag keine ausdrückliche Hinweispflicht normiert worden ist, "muss (auch) hier vom Unternehmer gefordert werden, dass er (gegenüber einem anderen Unternehmer als Besteller) hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt, dass die vorgelegten Unterlagen jene sind, deren Vorlage von § 650p Abs. 2 BGB gefordert wird".[165]

 

Rz. 75

Schwenker/Rodemann[166] monieren die Zwei-Wochen-Frist nach Zugang der Unterlagen: Die Prüf- und Zustimmungsfrist sei unrealistisch kurz bemessen, was insbesondere dann gelte, wenn Finanzierungsgespräche zu führen oder Gremienentscheidungen einzuholen seien.[167]

 

Rz. 76

Für die Fristberechnung gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 186 ff. BGB – maßgeblich sind die §§ 187 Abs. 1[168] und 188 Abs. 2[169] BGB.[170]

 

Rz. 77

Unterbleibt die notwendige Unterrichtung durch den Unternehmer, besteht das Kündigungsrecht des Verbrauchers weiter fort[171] (Fortbestehen des Kündigungsrechts). Dem Unternehmer wird keine Heilungsmöglichkeit dergestalt zugestanden, dass er die Unterrichtung später nachholen kann. "Diese “scharfe’ Rechtsfolge soll sicherstellen, dass die Belehrungspflicht von Seiten des Unternehmers ernst genommen wird."[172]

 

Rz. 78

Die Kündigung – die der Schriftform bedarf (vgl. § 650q Abs. 1 i.V.m. §§ 650h, 126 BGB) – muss dem Unternehmer innerhalb der Kündigungsfrist zugehen.[173]

[158] Näher jurisPK-BGB/Stelzner, § 650r Rn 30 ff.
[159] Palandt/Sprau, § 650r BGB Rn 3.
[160] Erfolgt zu diesem Zeitpunkt keine Belehrung nach Maßgabe des § 650r Abs. 1 S. 2 BGB (oder wird die Belehrung gänzlich unterlassen bzw. ist sie inhaltlich unzureichend, so Dammert, Das neue Bauvertragsrecht, § 4 Rn 101), erlischt das Kündigungsrecht des Bestellers nicht: Dieser hat vielmehr ein unbefristetes Kündigungsrecht (nach § 648 BGB) – so Dammert (a.a.O., § 4 Rn 93) –, das auch durch Nachholung (Heilung) nicht mehr erlischt: so RegE BT-Drucks 18/8486, S. 69 (Ausnahme: Rechtsmissbrauch, Willkür oder Treuwidrigkeit so Dammert, a.a.O., § 4 Rn 93 und 102 ff.). Eine spätere Nachholung einer (nunmehr ordnungsgemäßen) Unterrichtung soll nicht mehr möglich sein: so Dammert, a.a.O., § 4 Rn 96 (fehlende Nachholungsmöglichkeit der Unterrichtung, die sicherstellen soll, dass der Unternehmer die Belehrungspflicht ernst nimmt: so ­RegE, BT-Drucks 18/8486, S. 69).
[161] Womit ein Merkblatt in Textform genügen soll: so Palandt/Sprau, § 650r BGB Rn 3.
[162] Näher jurisPK-BGB/Stelzner, § 650r Rn 33 ff.
[163] Dammert, Das neue Bauvertragsrecht, § 4 Rn 92.
[164] Dammert, Das neue Bauvertragsrecht, § 4 Rn 89: "Aus der bloßen Tatsache, dass der Besteller innerhalb der Kündigungsfrist keine Kündigung erklärt hat, kann jedoch keine Zustimmung im Sinne des § 650p Abs. 2 BGB geschlossen werden" – weshalb die Parteien in der Zielfindungsphase verbleiben. Der Besteller hat nur noch die (mit Kostenfolgen belastete) Kündigungsmöglichkeit nach § 648 BGB.
[165] Dammert, Das neue Bauvertragsrecht, § 4 Rn 88.
[166] Erman/Schwenker/Rodemann, § 650r BGB Rn 4.
[167] So auch Fuchs, NZBau 2015, 681.
[168] "Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt."
[169] "Eine Frist, die nach Wochen … bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 (BGB) mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche...

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