Rz. 57

Die Entscheidung der Agentur für Arbeit nach § 18 Abs. 1 und 2 KSchG erfolgt durch den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur, wenn die Zahl der Kündigungen weniger als 50 beträgt, oder einen bei der Agentur gebildeten "Ausschuss für anzeigepflichtige Entlassungen", der vor seiner Entscheidung den Arbeitgeber und den Betriebsrat anzuhören hat. Arbeitgeber und Betriebsrat haben dem Ausschuss die für die Beurteilung des Falles erforderlich gehaltenen Auskünfte zu erteilen. Der Ausschuss hat sowohl das Interesse des Arbeitgebers als auch das der zu entlassenden Arbeitnehmer, das öffentliche Interesse und die Lage des gesamten Arbeitsmarktes unter besonderer Beachtung des Wirtschaftszweiges, dem der Betrieb angehört, zu berücksichtigen, bevor er die Entscheidung trifft, ob die nach § 17 KSchG anzeigepflichtigen Kündigungen bereits vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige wirksam werden, ob die Zustimmung rückwirkend bis zum Tage der Antragstellung erteilt wird oder ob die Kündigungen von längstens zwei Monaten nach Eingang der Anzeige bei der Agentur für Arbeit wirksam werden.

 

Rz. 58

Gegen die Entscheidung des "Ausschusses für anzeigepflichtige Entlassungen" oder des Vorsitzenden der Geschäftsführung ist Widerspruch zulässig. Der Widerspruch ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung schriftlich einzureichen oder die Niederschrift zu erklären, und zwar bei dem “Ausschuss für anzeigepflichtige Entlassungen oder beim Vorsitzenden der Geschäftsführung derjenigen Dienststelle, bei der die Entscheidung getroffen worden ist.

 

Rz. 59

Ein fehlerhaftes Anzeigeverfahren wird nicht durch die Nichtbeanstandung der Agentur für Arbeit geheilt. Ein bestandskräftiger Bescheid der Arbeitsverwaltung nach § 18 Abs. 1, § 20 KschG verhindert keine (arbeits-)gerichtliche Kontrolle, die zur Feststellung der Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige führen kann. Ob die Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß erstattet ist, ist lediglich Vorfrage für einen Bescheid der Arbeitsverwaltung nach § 18 Abs. 1, § 20 KSchG, gehört nicht zum Regelungsinhalt eines solchen Verwaltungsakts und wird deshalb von dessen Bestandskraft nicht erfasst.[102]

 

Rz. 60

Ein Arbeitnehmer muss rechtzeitig Klage nach § 4 S. 1 KSchG bei unterbliebener oder mangelhafter Anzeige erheben.[103] Ihn trifft die Darlegungs- und Beweispflicht hinsichtlich der Voraussetzungen der Anzeigepflicht nach § 17 KSchG.[104] Ist die Anzeigepflicht erwiesen, trifft den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweispflicht hinsichtlich eines ordnungsgemäßen Verfahrens.[105]

[105] MüKo-BGB/Hergenröder, KSchG, 9. Aufl. 2021, § 18 Rn 23.

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