Rz. 89

Das Anwartschaftsrecht des Nacherben ist zwischen Erbfall und Nacherbfall übertragbar. Der Erblasser kann die Veräußerlichkeit auch nicht mit dinglicher Wirkung ausschließen.[105] Gesetzlich vorgesehen ist lediglich der Ausschluss der Vererblichkeit (§ 2108 Abs. 2 S. 1 BGB). Demzufolge kann der Nacherbe zwar eine unvererbliche Anwartschaft veräußern,[106] jedoch verliert der Erwerber das (auflösend bedingte) Anwartschaftsrecht mit dem Eintritt des Ersatzfalles wieder. Der Erwerber sollte sich deshalb in dieser Fallkonstellation unbedingt auch das Anwartschaftsrecht des Ersatznacherben übertragen lassen, um am Ende nicht mit leeren Händen da zu stehen.

 

Rz. 90

Bei einer Veräußerung des Anwartschaftsrechts – die der notariellen Form bedarf, §§ 2371, 2385, 2033 BGB[107] – steht zunächst etwaigen Mitnacherben ein Vorkaufsrecht zu. Sind Mitnacherben nicht vorhanden oder üben sie das Vorkaufsrecht nicht aus, steht nach Auffassung der Literatur[108] – soweit diese zu der Frage Stellung nimmt – auch dem Vorerben in analoger Anwendung des § 2034 BGB ein Vorkaufsrecht zu.

 

Rz. 91

Die Geltendmachung des Vorkaufsrechts muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach der Mitteilung des Kaufvertragsschlusses gegenüber dem Nacherben erfolgen (§§ 2034 Abs. 2 S. 1, 469, 464 Abs. 1 BGB). Die Erklärung bedarf nach herrschender Meinung im Hinblick auf den Wortlaut des § 464 Abs. 1 S. 2 BGB nicht der Form des zugrundeliegenden Kaufvertrages.[109] Es wird ein selbstständiger Kaufvertrag zwischen dem Vorerben und dem Nacherben begründet (§ 464 Abs. 2 BGB), aus dem sich die Verpflichtung zur Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts (in notarieller Form,[110] § 2033 Abs. 1 BGB) ergibt.

 

Rz. 92

Eintritt des Vorkaufsberechtigten in fünf Schritten:

 
1. Schritt: Abschluss eines Anwartschaftsrechtskaufvertrages, § 2371 BGB
2. Schritt: Anzeige nach § 469 BGB
3. Schritt: Vorkaufserklärung des Vorkaufsberechtigten nach § 464 BGB
4. Schritt: Entstehung eines Schuldverhältnisses zwischen Verkäufer und Vorkaufsberechtigtem nach § 464 Abs. 2 BGB
5. Schritt: Anwartschaftsrechtsübertragung analog § 2033 Abs. 1 BGB als Erfüllungs-Rechtsgeschäft
[105] Staudinger/Avenarius, § 2100 Rn 76.
[106] BayObLG NJW 1970, 1794, 1795; OLG München FamRZ 2015, 1831, 1832.
[107] MüKo/Grunsky, § 2100 Rn 37.
[108] MüKo/Grunsky, § 2100 Rn 37; Soergel/Harder/Wegmann, § 2100 Rn 14; Bamberger/Roth/Litzenburger, § 2100 Rn 41b; Palandt/Weidlich, § 2100 Rn 14; Lange/Kuchinke, § 28 VII 3 c; Ebenroth, Rn 601.
[109] MüKo/Gergen, § 2034 Rn 26; vgl. Sarnighausen, NJW 1998, 37, 38.
[110] MüKo/Grunsky, § 2100 Rn 37 m.w.N.

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