Rz. 89

Oben (siehe Rdn 6) wurde bei der formellen Rechtmäßigkeit festgehalten, dass der im Rahmen des § 45 Abs. 6 StVO Verkehrszeichen aufstellende Bauunternehmer als Verwaltungshelfer tätig wird (zur Problematik um § 45 Abs. 6 StVO vgl. zunächst die VV zu § 45 Abs. 6).[145]

 

Rz. 90

Die verbindliche Entscheidung über eine Verkehrsbeschränkung oder ein Verkehrsverbot muss von der zuständigen Behörde getroffen werden und darf nicht einem privaten Dritten überlassen werden.[146] Das schließt jedoch nicht aus, dass der Dritte einen Vorschlag machen und dabei auch einen konkreten Verkehrszeichenplan vorlegen darf. Die Behörde ist nicht gehindert, eine entsprechende Anordnung zu treffen. § 45 Abs. 6 StVO sieht ausdrücklich vor, dass Bauunternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, einen Verkehrszeichenplan vorzulegen haben.[147]

 

Rz. 91

Materiell-rechtlich hat der Bauunternehmer vor Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr[148] auswirken, von der zuständigen Behörde unter Vorlage des Verkehrszeichenplans Anordnungen nach § 45 Abs. 1 bis 3 StVO u.a. darüber einzuholen, wie die Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind.[149] Das Aufstellen von Verkehrszeichen durch Privatpersonen ist dann nicht zu beanstanden, wenn es auf der Grundlage des aus dem Verwaltungsvorgang der zuständigen Behörde ersichtlichen Verkehrszeichenplans angeordnet wurde und wenn es von der Privatperson, die den Plan eingereicht hatte, auch anschließend exakt entsprechend der darin vorgesehenen Beschilderung durchgeführt wurde.[150] Dieser Plan, der die Anzahl der temporär aufzustellenden Zeichen und den genauen Aufstellort präzise vorgeben muss und nicht "allenfalls nur grob umrissen" sein darf, wird von der Behörde i.S.v. § 45 Abs. 1 StVO "straßenverkehrsbehördlich angeordnet“. Deshalb trifft der Private als Aufsteller der Schilder selbst keine verbindlichen Verkehrsanordnungen und übt auch keine eigenverantwortliche hoheitliche Tätigkeit aus; er wird gerade nicht "regelnd" tätig.[151] Ihm obliegt nur die Umsetzung der zuvor allein von der Behörde (als Amtspflicht) getroffenen Entscheidung,[152] indem er deren Anordnungen mittels Verkehrszeichen gemäß §§ 39, 45 Abs. 6, Abs. 13 StVO bekannt gibt.[153] Die regelnde Anordnung erfolgt durch die Behörde, vom Privaten wird sie lediglich ausgeführt;[154] der Private ist lediglich Verwaltungshelfer.[155]"

 

Rz. 92

Der Bauunternehmer muss die behördlichen Anordnungen durchführen und darf dabei nicht von ihnen abweichen. Weicht er ab, so sind die von ihm aufgestellten Zeichen nichtig, weil der Aufstellung letztendlich keine verkehrsrechtliche Anordnung durch die zuständige Behörde zugrunde liegt.[156] Die verwendeten Verkehrsschilder müssen den in der StVO vorgesehenen und zugelassenen Verkehrszeichen entsprechen.[157] Form, Größe, Ausstattung, Schriftgröße, textliche Aufdrucke, Farbgebung müssen sich an der StVO und den VwV StVO orientieren; dem nicht entsprechende "private Verkehrsschilder" sind nichtig.[158]

 

Rz. 93

Verstöße der Bauunternehmer gegen die nach § 45 Abs. 6 StVO obliegenden Pflichten sind Ordnungswidrigkeiten i.S.d. § 49 Abs. 4 Nr. 3 StVO.

 

Rz. 94

Im Übrigen hat der Bauunternehmer, den insofern auch eine Verkehrssicherungspflicht trifft, die Verkehrsschilder so aufzustellen, dass Dritte nicht geschädigt werden. So ist von einem Unternehmer, der durch das Aufstellen mobiler Verkehrsschilder eine Gefahrenlage schafft, zu verlangen, dass er auch die Witterungsbedingungen im Auge behält und ggfs. die Schilder zusätzlich sichert.[159] Verstößt ein Bauunternehmer gegen die Verpflichtung zur Einholung einer straßenverkehrsrechtlichen Anordnung gem. § 46 Abs. 6 S. 1 StVO, kann ihn die Haftung nach § 823 BGB treffen; § 46 Abs. 6 StVO konkretisiert die allgemeine Verkehrssicherungspflicht an Straßenbaustellen, die jeden trifft, der auf öffentlicher Straße Arbeiten ausführt oder ausführen lässt.[160]

 

Rz. 95

Vorstehende Ausführungen gelten auch, wenn die Straßenverkehrsbehörde die Anordnungen im Rahmen eines Straßenfestes getroffen hat, die dann von dem privaten Veranstalter des Straßenfestes lediglich ausgeführt werden.[161] Dabei kann der an den Veranstalter des Straßenfestes gerichtete Bescheid in der (Haupt-)Sache eine Erlaubnis für übermäßige Straßenbenutzung nach § 29 Abs. 2 StVO und Landesstraßengesetz ("Zuständigkeitskonzentration", vgl. z.B. § 13 BerlStrG; Art. 21 BayStrWG; § 19 NdsStrG; § 18 Abs. 7 SaarlStrG) beinhalten, der zugleich als straßenverkehrsbehördliche Anordnung des Haltverbots ausgelegt werden kann.[162]

[145] VGH BW, Urt. v. 16.12.2009 – 1 S 3263/08, VBlBW 2010, 198, 199 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 26.6.1970 – VII C 10.70, BVerwGE 35, 334, 336 ff; s.a. König, in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 45 StVO Rn 45 ff.
[146] BVerwG, Urt. v. 6.4.2016 – 3 C 10.15 Rn 13 unter Hinweis auf BVerwG Urt. v. 26.6.1970 – 7 C 10.70, BVerwGE 35, 334.
[148] Zu Arbeitsstellen im Stra...

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