1. Grundsatz

 

Rz. 115

Neben den Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit kann der Anwalt nach Nr. 7008 VV auch Ersatz der von ihm abzuführende Umsatzsteuer verlangen. Die Höhe des Steuersatzes richtet sich nach dem gültigen Steuersatz bei Beendigung oder Erledigung der Angelegenheit.

 

Rz. 116

Das RVG regelt die Abrechnung der Umsatzsteuer als Auslagentatbestand, obwohl es sich streng genommen nicht um Auslagen des Anwalts handelt. Die Berechnung bereitet keine Probleme. Zweckmäßigerweise ist aus den Gebühren und den Auslagen zunächst die Netto-Summe zu errechnen und hierauf dann 19 % Umsatzsteuer darauf zu erheben.

 

Rz. 117

Zur Umsatzsteuer auf verauslagte Beträge siehe Rdn 5 ff., 8.

 

Rz. 118

Zur Berechnung und Verbuchung der Umsatzsteuer bei Berücksichtigung von gezahlten Vorschüssen siehe § 2 Rdn 40.

 

Rz. 119

Zur Abrechnung der Umsatzsteuer bei Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfemandaten siehe § 3 Rdn 106.

2. Umsatzsteuerfreie Vergütung

 

Rz. 120

Ist die Tätigkeit des Anwalts ausnahmsweise einmal nicht umsatzsteuerpflichtig, weil die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG unerhoben bleibt oder weil sie wegen eines Leistungsorts im Ausland nicht anfällt,[60] sind nur die Netto-Gebühren abzurechnen.[61]

 

Beispiel 70: Vertretung eines Mandanten mit Wohnsitz außerhalb der EU

Der Anwalt vertritt den in der Türkei wohnenden Mandanten, der in Deutschland Rentenansprüche geltend macht.

Die Tätigkeit des Anwalts ist umsatzsteuerfrei, da der Auftraggeber Verbraucher ist und in einem Drittland wohnt.

[60] Siehe zuletzt VG Berlin AGS 2021, 175 = NJW-Spezial 2021, 220.
[61] Zu Einzelheiten siehe AnwK-RVG/N. Schneider, Nr. 7008 VV Rn 6 ff.

3. Höhe der Umsatzsteuer

 

Rz. 121

Der Umsatzsteuersatz beträgt derzeit 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG).

 

Rz. 122

Soweit in Auslagen 19 % Umsatzsteuer enthalten sind, müssen diese zunächst herausgerechnet werden. Dem Mandanten darf nur der Netto-Betrag in Rechnung gestellt werden. Darauf ist dann zusammen mit der übrigen Vergütung 19 % Umsatzsteuer zu erheben.

 

Beispiel 71: Auslagen mit 19 % Umsatzsteuer

Der Mandant wohnt in München und hat einen Anwalt beauftragt, ihn in einem Verfahren vor dem LG Augsburg (Entfernung 71 km) Klage zu vertreten. Der Streitwert beläuft sich auf 20.000,00 EUR. Der Anwalt fährt mit dem Pkw nach Augsburg und zahlt 4,00 EUR (einschließlich 19 % Umsatzsteuer) an Parkgebühren.

Die in den Parkgebühren enthaltene Umsatzsteuer (0,64 EUR) ist herauszurechnen. Auf den Netto-Betrag von 3,36 EUR ist dann die Umsatzsteuer zu erheben.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.068,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   986,40 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
4. Reisekosten zum Termin, Nr. 7003 VV,   59,64 EUR
  2 x 71 km x 0,42 EUR/km    
5. Tage- und Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 Nr. 1 VV   30,00 EUR
6. Parkgebühren (netto), Nr. 7006 VV   3,36 EUR
  Zwischensumme 2.168,00 EUR  
7. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   411,92 EUR
Gesamt   2.579,82 EUR
 

Rz. 123

Soweit in den Auslagen ein geringer Steuersatz als 19 % enthalten ist, ist dieser herauszurechnen und dann darauf 19 % Umsatzsteuer zu erheben.[62]

 

Beispiel 72: Auslagen mit geringerer Umsatzsteuer

Der Mandant wohnt in München und hat einen Anwalt beauftragt, ihn in einem Verfahren vor dem LG Berlin zu vertreten. Der Streitwert beläuft sich auf 20.000,00 EUR. Der Anwalt fährt unter Benutzung seiner Bahncard 100 mit dem Zug nach Berlin. Vom Hauptbahnhof fährt er mit dem Taxi zum LG und anschließend wieder zurück. Die Taxikosten belaufen sich auf jeweils 20,00 EUR (einschließlich 7 % Umsatzsteuer).

Die in den Taxikosten enthaltene Umsatzsteuer (jeweils 1,31 EUR) ist herauszurechnen. Auf den Netto-Betrag von 18,69 EUR ist dann die Umsatzsteuer zu erheben.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.068,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   986,40 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
4. Taxikosten (Hauptbahnhof – LG), Nr. 7004 VV   18,69 EUR
5. Taxikosten (LG – Hauptbahnhof), Nr. 7004 VV   18,69 EUR
6. Tage- und Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 Nr. 3 VV   80,00 EUR
  Zwischensumme 2.192,38 EUR  
7. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   416,55 EUR
Gesamt   2.608,93 EUR
 

Rz. 124

Das gilt auch dann, wenn die Auslagen im zweiten Halbjahr 2020 angefallen und demzufolge mit 16 % erhoben worden sind.[63]

 

Beispiel 73: Auslagen mit ermäßigter Umsatzsteuer

Der Mandant wohnt in München und hatte einen Anwalt beauftragt, ihn in einem Verfahren vor dem LG Berlin zu vertreten. Der Streitwert beläuft sich auf 20.000,00 EUR. Der Anwalt ist mit Bahn zum Termin am 12.12.2020 nach Berlin gefahren und hat für Hin- und Rückfahrt jeweils 130,00 EUR (einschließlich 16 % Umsatzsteuer) gezahlt. Das Verfahren wurde dann mit Urt. v. März 2021 abgeschlossen.

In den Kosten der Bahnfahrt sind jetzt nur 16 % Umsatzsteuer (17,93 EUR) enthalten, da die Fahrt im zweiten Halbjahr 2020 stattgefunden hat. Da aber die Vergütung des Anwalts erst in 2021 fällig geworden ist, muss der Anwalt 19 % Umsatzsteuer abführen und dem...

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