Rz. 96

Sofern der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder bei der Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist, kann der Gerichtsvollzieher nach § 802l Abs. 1 ZPO Auskunft einholen:

über Namen, Vornamen, Firma und Anschrift des Arbeitgebers eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung;
über das Bestehen eines Kontos oder Depots und über die Führung eines Kontos als Pfändungsschutzkonto nebst Name und Anschrift des Kreditinstituts beim Bundeszentralamt für Steuern;
über Daten zu einem Fahrzeug, für das der Schuldner als Halter eingetragen ist, beim zentralen Kraftfahrzeugregister.
 

Rz. 97

Zum 26.11.2016 ist eine früher bestehende Wertgrenze entfallen; bis dahin war die Einholung der Auskünfte nicht zulässig, wenn die Forderung nicht höher als 500,00 EUR war. Der Gesetzgeber wollte die Wertgrenze entfallen lassen; es gibt aber in der Praxis auch heute noch Probleme, da die Rentenversicherung sich auf § 74a SGB X beruft, in dem die Wertgrenze für derartige Auskünfte nach wie vor enthalten ist. Jedoch sollte schon aus Kostengründen der Mandant vor Auskunftseinholung gefragt werden, ob er überhaupt bei geringen Forderungen Modul M beauftragen möchte. Überwiegend wird angenommen, dass es sich um ein gesetzgeberisches Versehen handelt, dass in § 74a SGB X die Wertgrenze nicht angepasst wurde. Allerdings gilt diese Wertgrenze nach richtiger Ansicht von Goebel nur bei der Durchsetzung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen, nicht aber im privaten Vollstreckungsbereich.[9] Die Rechtsprechung ist zu dieser Frage sehr uneinheitlich.[10]

 

Rz. 98

Dieser Antrag kann im GV-Formular in Modul M beantragt werden:

Bild-Quelle: amtliches Formular, Download von: justiz-nrw.de

 

Rz. 99

Wichtig: Ohne Auftrag des Gläubigers darf der Gerichtsvollzieher hier nicht tätig werden. Der Gläubiger wird vom Gerichtsvollzieher unverzüglich über das Ergebnis der Auskunft in Kenntnis gesetzt. Keinesfalls kann der Gläubiger Modul M gleich als erstes beauftragen. Die Einholung der Drittauskünfte setzt voraus, dass das Vermögensauskunftsverfahren gegenüber dem Schuldner selbst gescheitert ist (nicht abgegeben, nicht eidesstattlich versichert oder ergebnislos "Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen").

 

Rz. 100

Eine Kontenabfrage ist also nur möglich, wenn der Gläubiger zum einen über einen vollstreckbaren Titel verfügt und darüber hinaus der Schuldner die vorrangige Selbstauskunft verweigert oder wenn sich diese Vermögensauskunft als unergiebig erweist, § 802l Abs. 1 ZPO. So führt dann auch der Gesetzgeber weiter aus, dass jeder, der zur Abgabe einer Vermögensauskunft aufgefordert wird, damit rechnen müsse, dass eine Kontenabfrage durchgeführt wird. Folgende Auskünfte erhält der Gläubiger z.B. durch die Kontenabfrage über den Gerichtsvollzieher:

Bestehen oder Auflösung eines Kontos oder Depots,
Führen des Kontos als P-Konto (= Pfändungsschutzkonto).
 

Rz. 101

Die nach § 802l Abs. 1 S. 1 ZPO erhobenen Daten, die innerhalb der letzten drei Monate bei dem Gerichtsvollzieher eingegangen sind, darf dieser auch einem weiteren Gläubiger übermitteln, wenn die Voraussetzungen für die Datenerhebung auch bei diesem Gläubiger vorliegen, § 802l Abs. 4 S. 1 ZPO. Der Gerichtsvollzieher hat dem weiteren Gläubiger die Tatsache, dass die Daten in einem anderen Verfahren erhoben wurden, und den Zeitpunkt ihres Eingangs bei ihm mitzuteilen, § 802l Abs. 4 S. 2 ZPO. Auf Antrag eines weiteren Gläubigers ist gem. § 802l Abs. 4 S. 3 ZPO eine erneute Drittauskunft einzuholen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass seit dem Eingang der Auskunft eine Änderung der Vermögensverhältnisse, über die zuvor eingeholte Auskunft eingetreten ist.

 

Rz. 102

 
Hinweis

Büromäßige Behandlung

Aufgrund der entstehenden Kosten (13,00 EUR für jede Abfrage nach § 802l ZPO plus Drittauskunftskosten und Auslagen für den GV) sollte der Mandant gefragt werden, ob er die Einholung dieser Einkünfte wünscht. Alternativ könnte auch, wenn der Schuldner die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert, versucht werden über eine Haftbefehlseinholung und -vollstreckung den Schuldner zur Abgabe zu zwingen, aber auch dies löst Kosten aus. Ein Mandant sollte vor kostenauslösenden Aufträgen grundsätzlich gefragt werden, wieviel Geld er zur Beitreibung auszugeben bereit ist. Es müssen auch nicht alle Auskünfte eingeholt werden; man kann die Drittauskunftseinholung auch z.B. auf die Abfrage aus dem Bundeszentralregister für Steuern beschränken.

[9] Goebel, FoVo 2017, S.
[10] Nur beispielhaft: Die Wertgrenze des § 74a SGB X gilt nur bei öffentlich-rechtlicher Vollstreckung und ist für die Privatvollstreckung weggefallen: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Auflage, § 802l Rn 5; LG Bonn v. 31.8.2017 – 4 T 309/17, DGVZ 2017, 246; AG Wuppertal v. 15.5.2018 – 43 M 1211/18, BeckRS 2018, 18835; LG Düsse...

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