Rz. 94

Auch wenn dies eigentlich das Zusammenspiel zwischen Behörde, Staatsanwaltschaft und Gericht betrifft, kann es für den Verteidiger durchaus taktisch sinnvoll sein, bei dem Gericht die Rückleitung der Akten an die Bußgeldbehörde nach § 69 Abs. 5 OWiG zu beantragen bzw. dies anzuregen. Zum einen kann durch eine solche Rückleitung Zeit gewonnen werden, was sich auf Voreintragungen auswirken kann, aber auch auf die Zeitspanne der weiteren unbescholtenen Verkehrsteilnahme seit dem behaupteten Tatvorwurf. Zum anderen können während der Rückleitungszeit Fehler passieren, so dass es z.B. zur Überschreitung der Sechsmonatsfrist und damit zum Eintritt der Verjährung kommt. Und schließlich ist die Rückleitung auch ein Disziplinierungsinstrument, um für die Zukunft zu verhindern, dass Vorwürfe bei Gericht landen, die auf keiner hinreichenden Tatsachenbasis gründen, etwa bei schlechten Messbildern oder im Verwaltungsverfahren ignorierten Beweisanträgen.

 

Rz. 95

Muster 37.29: Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde

 

Muster 37.29: Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

ich verweise zunächst auf mein Bestellungsschreiben vom _________________________ und die als Anlage bereits vorliegende schriftliche Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht. Nach nunmehr erhaltener Akteneinsicht beantrage ich, das Verfahren nach § 47 OWiG einzustellen, hilfsweise das Verfahren zunächst nach § 69 Abs. 5 OWiG zwecks der Durchführung weiterer Ermittlungen an die Ausgangsbehörde zurückzuverweisen.

Denn der bisherige aus der Akte ersichtliche Sachstand begründet keinen hinreichenden Tatverdacht gegen meinen Mandanten. Dieser wurde als Halter des gemessenen Fahrzeugs angehört, hat den Tatvorwurf und die Fahrereigenschaft bestritten. Trotz eines ungenügenden Messbildes, das keine vernünftige Grundlage für eine belastbare Wiederkennung bietet und trotz des Hinweises aus dem vorgerichtlich eingereichten, auf Bl. _________________________ d.A. befindlichen Schriftsatz mit dem Hinweis auf einen konkret benannten Blutsverwandten des Halters, der ebenso als Fahrer in Betracht kommen würde, hat die Ausgangsbehörde weder ein anthropologisches Vergleichsgutachten angeordnet noch mögliche Alternativfahrer ermittelt oder überprüft. Diese lückenhafte Ermittlungsführung kann aber nicht zum Nachteil meines, nun mit einem unzutreffenden Tatvorwurf belasteten, Mandanten führen. Die Ausgangsbehörde hat bereits die rechtliche Pflicht, den erbrachten Vortrag zu prüfen und entsprechenden Beweisanregungen nachzugehen. Dies ist nicht geschehen und muss, sofern das Gericht nicht ohnehin aus Opportunitätsgründen das Verfahren einzustellen gedenkt, in ordnungsgemäßer Art und Weise nachgeholt werden.

Nur am Rande möchte ich darauf verweisen, dass die Kosten für ein – meiner Ansicht nach von vornherein sinnloses – Vergleichsgutachten bei der zu erwartenden Unerweislichkeit der Fahrereigenschaft meines Mandanten bei der Behörde verbleiben, ebenso die Anwaltsgebühren bei entsprechender Einstellung dort, und nicht den Justizhaushalt belasten würden. Dies ist in Zeiten strikter Sparzwänge ein nicht zu unterschätzender Aspekt des angeregten Vorgehens.

Ebenfalls möchte ich bereits jetzt höchst vorsorglich darauf hinweisen, dass für den Fall der dennoch stattfindenden Hauptverhandlung ein Freispruch mit Sicherheit zu erwarten wäre, der dann aber nicht auf einer Säumnis des Betroffenen beruhen würde. Denn dieser hat alles getan, um rechtzeitig dem auf ihn gerade nicht zutreffenden Tatvorwurf und einer Hauptverhandlung vorzubeugen. Deshalb dürfte er auch auf keinen Fall mit Kosten oder Auslagen nach § 467 Abs. 2 StPO belastet werden.

 

Rz. 96

Muster 37.30: Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde

 

Muster 37.30: Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

ich verweise zunächst auf mein Bestellungsschreiben vom _________________________ und die als Anlage bereits vorliegende schriftliche Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht. Ich beantrage, das Verfahren zunächst nach § 69 Abs. 5 OWiG zwecks der Bewilligung vollständiger Akteneinsicht an die Ausgangsbehörde zurückzuverweisen.

Die Verteidigung hat bereits frühzeitig beantragt, neben der Akte selbst auch folgende Beweismittel _________________________ zu den Akten zu nehmen oder alternativ der Verteidigung auf einem dafür zuzusendenden Datenträger oder als Datei mittels des beA zu übermitteln. Hierauf besteht ein Anspruch, allein schon, um den Vorwurf gegen den Betroffenen überhaupt entkräften zu können. Die Verwaltungsbehörde hat sowohl das Akteneinsichtsgesuch als auch den aufgrund der Untätigkeit der Behörde gestellten Antrag nach § 62 OWiG übergangen. Diese Verkürzung des Rechtsschutzes muss der Betroffene aber nicht hinnehmen, sodass die Akten wie oben beantragt zurückzuverweisen sind (AG Saarburg, Beschl. v. 22.8.2018 – 8 OW...

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