Rz. 172

Wie die Darstellung oben (vgl. Rdn 138 ff.) bereits gezeigt hat, liegt der Schwerpunkt der Vollstreckung einer titulierten Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung im Kontext der Kündigung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses im Bereich der Vornahme einer unvertretbaren Handlung, mithin bei § 888 ZPO.

 

Rz. 173

Steht nach der Vorprüfung des Bevollmächtigten fest, dass von einer unvertretbaren Handlung auszugehen ist, so ist weitere Voraussetzung eines entsprechenden Vollstreckungsantrages, dass die Vornahme der Handlung noch möglich ist.

 

Rz. 174

Ist die Vornahme der unvertretbaren Handlung objektiv und/oder subjektiv dauerhaft unmöglich, wird der Gläubiger auf den Schadensersatzanspruch nach § 893 ZPO verwiesen. Ein anderweitiger Vollstreckungsantrag wäre unzulässig.

 

Rz. 175

Liegt lediglich eine vorübergehende Unmöglichkeit der Vornahme der vertretbaren Handlung vor, etwa weil der Arbeitgeber, der zur Erstellung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses verpflichtet ist, schwer erkrankt ist, so ist ein Vollstreckungsantrag nach § 888 ZPO als "derzeit unzulässig" zurückzuweisen.

 

Rz. 176

 

Praxishinweis

Diese Gründe liegen grundsätzlich in der Sphäre des Schuldners, sodass der Gläubiger zur Vermeidung von Zeit- und Kostennachteilen vor einem Vollstreckungsantrag grundsätzlich den Schuldner nochmals zur freiwilligen Vornahme der unvertretbaren Handlung – oder die Mitteilung von Hinderungsgründen – "auffordern" sollte. Erwidert der Schuldner hierauf nicht und macht erst im Vollstreckungsverfahren geltend, dass die Leistung – jedenfalls zurzeit – unmöglich ist, so kann der Gläubiger nach einer entsprechenden Prüfung und der Feststellung der Berechtigung des Einwandes den Vollstreckungsantrag für erledigt erklären und so Kostennachteile durch einen Kostenantrag nach § 91a ZPO vermeiden. Da bereits ein Vollstreckungstitel vorliegt, bedarf es nur einer kurzen Fristsetzung.

 

Rz. 177

Ausschließlich zuständig für den Antrag[164] des Gläubigers ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges nach §§ 888, 802 ZPO, mithin das Arbeitsgericht. Wie schon bei § 887 ZPO gilt dies auch dann, wenn nicht das Arbeitsgericht, sondern erst eine weitere Instanz im Rechtsmittelzug den zu vollstreckenden Anspruch tituliert hat.

 

Rz. 178

Die Vollstreckung nach § 888 ZPO ist darauf gerichtet, den Schuldner durch die Verhängung eines Zwangsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann von Zwangshaft oder unmittelbar durch die Verhängung von Zwangshaft zu veranlassen, die unvertretbare Handlung vorzunehmen. Auch hier ist zu beachten, dass der Schuldner dem Antrag mit dem Erfüllungseinwand entgegentreten kann (siehe Rdn 170 f.).

 

Rz. 179

Im Vollstreckungsantrag ist die von dem Schuldner vorzunehmende Handlung entsprechend dem erwirkten Vollstreckungstitel genau zu bezeichnen. Nicht erforderlich ist, dass der Gläubiger eine Zwangsgeldhöhe oder die Dauer der Zwangshaft angibt. Da dieser Gesichtspunkt von Amts wegen zu berücksichtigen ist.

 

Rz. 180

 

Praxishinweis

Allerdings kann der Gläubiger eine Untergrenze für die Festsetzung des Zwangsgeldes oder Zwangshaft anregen, wenn die besonderen Verhältnisse des Schuldners nahelegen, dass er sich von niedrigeren Festsetzungen nicht wird beeindrucken lassen. Insbesondere, wenn der Arbeitgeber sich schon im Zusammenhang mit anderen Verfahren von der Festsetzung von Zwangsgeldern hat nicht beeindrucken lassen, kann die Anregung der unmittelbaren Festsetzung von Zwangshaft angezeigt sein. In der Praxis führt dies bei substantiellem Vortrag in der Regel zumindest zur Festsetzung ganz erheblicher Zwangsgelder. Auf der anderen Seite bringt dies das Risiko mit sich, einen Teil der Kosten tragen zu müssen, wenn das Gericht ein geringeres Zwangsgeld festsetzt.[165]

 

Rz. 181

Eine Androhung des Zwangsmittels ist nach § 888 Abs. 2 ZPO nicht statthaft. Durch die nach § 891 ZPO vorzunehmende Anhörung des Schuldners sind dessen Interessen hinreichend Rechnung getragen. Spätestens in diesem Zeitpunkt ist es für ihn angezeigt, die unvertretbare Handlung vorzunehmen und so die Zwangsgeld- oder Zwangshaftfestsetzung zu vermeiden.

 

Rz. 182

Kommt der Gläubiger auch nach der Festsetzung des Zwangsgeldes oder der Zwangshaft seiner Verpflichtung nicht nach, kann der Vollstreckungsantrag mehrfach gestellt werden, wobei das Gericht das Zwangsmittel jeweils wird steigern müssen.

 

Rz. 183

 

Praxishinweis

Beachtet werden muss allerdings, dass ein erneuter Antrag auf Festsetzung eines Zwangsmittels erst dann statthaft ist, wenn das Zwangsmittel aus dem vorausgehenden Antrag vollstreckt wurde.

 

Rz. 184

Für das Zwangsgeld besteht im Einzelfall eine Obergrenze von 25.000 EUR, ohne dass eine Obergrenze für mehrere Vollstreckungsanträge gesetzlich angeordnet ist. Liegt keine besondere Sachlage vor, wird das Gericht aber im Einzelfall mit kleineren Zwangsgeldern beginnen und erst bei einer dauerhaften Weigerung, der vorzunehmenden Handlung nachzukommen, den Rahmen von 25.000 EUR im Einzelfall ausschöpfen. Die Bemessung des erstmali...

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