Rz. 99

Wird dagegen Einspruch eingelegt und dieser später wieder zurückgenommen, entsteht die Zusätzliche Gebühr (Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV). Voraussetzung ist, dass noch keine Hauptverhandlung anberaumt ist oder die Rücknahme mehr als zwei Wochen vor dem anberaumten Hauptverhandlungstermin erklärt wird.

 

Beispiel 45: Einspruchsrücknahme im gerichtlichen Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung

Nach Eingang der Akten, aber noch vor Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins, wird der Einspruch zurückgenommen.

Auch im Falle der Einspruchsrücknahme entsteht die Zusätzliche Gebühr (Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 zu Nr. 4141 VV). Ist ein Hauptverhandlungstermin noch nicht anberaumt, kann die Rücknahme jederzeit erfolgen. Ist dagegen bereits ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, muss der Einspruch früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen werden. Anderenfalls entsteht die Zusätzliche Gebühr nicht. Abzurechnen ist daher wie im Beispiel 37.

 

Rz. 100

Wird der ursprünglich anberaumte Termin zur Hauptverhandlung verlegt, ist die Frist zu dem neuen Termin zu berechnen, nicht zu dem aufgehobenen Termin.[54]

 

Beispiel 46: Einspruchsrücknahme im gerichtlichen Verfahren nach Terminsverlegung

Das Gericht hatte zunächst Termin zur Hauptverhandlung auf den 14.11. anberaumt. Am 8.11. beantragt der Verteidiger die Verlegung des Termins, der daraufhin auf den 2.12. verlegt wird. Am 13.11. wird der Einspruch zurückgenommen.

Zum ersten Termin (14.11.) wäre die Frist von mehr als zwei Wochen nicht eingehalten. Darauf kommt es jedoch nicht an. Maßgebend ist der zum Zeitpunkt der Einspruchsrücknahme aktuelle Termin also der 2.12. Insoweit ist die Rücknahme aber noch rechtzeitig, nämlich früher als zwei Wochen vor Beginn dieses Tages. Daher entsteht die Zusätzliche Gebühr. Abzurechnen ist wie im Beispiel 37.

 

Rz. 101

 

Beispiel 47: Verteidigung mit Einstellung, überdurchschnittliche Gebühr

Der Verteidiger gibt gegenüber dem Gericht eine umfassende Einlassung ab. Daraufhin wird das Verfahren eingestellt. Die gesamte Tätigkeit war überdurchschnittlich, sodass um 20 % erhöhte Mittelgebühren angemessen sind.

Es entsteht wiederum die Verfahrensgebühr, wobei diese jetzt nach § 14 Abs. 1 RVG mit 20 % über der Mittelgebühr anzusetzen sein dürfte.

Mit Einstellung des Verfahrens entsteht die Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV (Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV). Diese entsteht, unabhängig von den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG, immer in Höhe der jeweiligen Verfahrensmittelgebühr (siehe oben Rdn 43 Beispiel 13).

 
I. Verfahren vor dem Amtsgericht
1.

Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV

(um 20 % erhöht)
  217,80 EUR
2. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV   181,50 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 419,30 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   79,67 EUR
Gesamt   498,97 EUR
II. Verfahren vor der Strafkammer oder Jugendkammer
1.

Verfahrensgebühr, Nr. 4112 VV

(um 20 % erhöht)
  244,20 EUR
2. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4112 VV   203,50 EUR
3. Postenentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 467,70 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   88,86 EUR
Gesamt   556,56 EUR
III. Verfahren vor dem OLG, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach §§ 74a und 74c GVG oder der Jugendkammer nach Anm. zu Nr. 4118 VV
1.

Verfahrensgebühr, Nr. 4118 VV

(um 20 % erhöht)
  521,40 EUR
2. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4118 VV   434,50 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 975,90 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   185,42 EUR
Gesamt   1.161,32 EUR
[54] Zum vergleichbaren Fall der Berufungsrücknahme AG Saarbrücken AGS 2009, 323; für das Bußgeldverfahren: AG Wiesbaden AGS 2005, 553 = AnwBl 2006, 148.

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