Rz. 39

Unter den Voraussetzungen der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 Nr. 1 VV entsteht im vorbereitenden Verfahren eine Zusätzliche Gebühr, wenn das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird. Die Höhe dieser Gebühr bemisst sich nach der Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr des Stadiums, in dem die Hauptverhandlung vermieden worden ist; maßgebend ist also nicht Nr. 4104 VV. Die Höhe der Gebühr richtet sich vielmehr nach den Gebühren der Nrn. 4106 ff. VV.[8]

 

Rz. 40

Voraussetzung ist eine Mitwirkung des Verteidigers. Dazu kann auch die Berufung auf ein Aussageverweigerungsrecht ausreichen.[9] Zu den Einzelheiten der Mitwirkung und den Anforderungen der Rspr., die an die Mitwirkung gestellt werden, muss an dieser Stelle auf die einschlägigen Kommentierungen zu Nr. 4141 VV verwiesen werden.

 

Rz. 41

Die Zusätzliche Gebühr entsteht immer in Höhe der Mittelgebühr. Es handelt sich damit faktisch um eine Festgebühr.[10]

 

Beispiel 11: Vorbereitendes Verfahren mit Einstellung

Der Anwalt war im staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren als Verteidiger tätig. Das Verfahren wird aufgrund der Einlassung des Verteidigers von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Auszugehen ist von der Mittelgebühr.

Der Anwalt erhält neben der Grundgebühr und der Verfahrensgebühr jetzt eine Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV (Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 4141 VV), da sich das Verfahren unter seiner Mitwirkung ohne Hauptverhandlung erledigt hat. Die Höhe dieser Gebühr bemisst sich nach der Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr des Stadiums, in dem die Hauptverhandlung vermieden worden ist, und zwar in Höhe der Mittelgebühr.

 
I. Anklage wäre vor dem Amtsgericht zu erheben gewesen
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   181,50 EUR
3. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV   181,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 603,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   114,57 EUR
Gesamt   717,57 EUR
II. Anklage wäre vor dem Jugendkammer zu erheben gewesen, ohne dass ein Fall der Anm. zu Nr. 4118 VV vorgelegen hätte
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   181,50 EUR
3. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4112 VV   203,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 625,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   118,75 EUR
Gesamt   743,75 EUR
III. Anklage wäre vor dem OLG, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach den §§ 74a und 74c GVG zu erheben gewesen
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   181,50 EUR
3. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4118 VV   434,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 856,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   162,64 EUR
Gesamt   1.018,64 EUR
 

Rz. 42

 

Beispiel 12: Vorbereitendes Verfahren mit Terminsgebühr und Einstellung

Der Anwalt war im Ermittlungsverfahren als Verteidiger tätig. Dort hat er an einem richterlichen Vernehmungstermin teilgenommen. Anschließend wird das Verfahren unter Mitwirkung des Verteidigers von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Auszugehen ist von der Mittelgebühr. Anzuklagen gewesen wäre vor dem Amtsgericht.

Zunächst entstehen wiederum die Grund- und die Verfahrensgebühr. Daneben fällt eine Terminsgebühr (Nr. 4102 Nr. 1 VV) für die Teilnahme an dem Vernehmungstermin an. Hinzu kommt jetzt noch die Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV.

 
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV   181,50 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 4102 Nr. 1 VV   187,00 EUR
4. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV   181,50 EUR
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 790,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   150,10 EUR
Gesamt   940,10 EUR
 

Rz. 43

 

Beispiel 13: Verteidigung mit Einstellung, überdurchschnittliche Gebühr

Der Verteidiger gibt gegenüber der Staatsanwaltschaft eine umfassende Einlassung ab. Daraufhin wird das Verfahren eingestellt. Die gesamte Tätigkeit war überdurchschnittlich, sodass um 20 % erhöhte Mittelgebühren angemessen sind. Anzuklagen gewesen wäre vor dem Amtsgericht.

Es entstehen wiederum die Grundgebühr und die Verfahrensgebühr, wobei diese jetzt nach § 14 Abs. 1 RVG mit 20 % über der Mittelgebühr anzusetzen sind.

Mit Einstellung des Verfahrens entsteht die Zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV. Diese entsteht unabhängig von den Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG immer in Höhe der jeweiligen Verfahrensmittelgebühr. Es handelt sich um eine Festgebühr. Eine Erhöhung ist nicht möglich.[11]

 
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV (um 20 % erhöht)   264,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4104 VV (um 20 % erhöht)   217,80 EUR
3. Zusätzliche Gebühr, Nrn. 4141, 4106 VV   181,50 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 683,30 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   129,83 EUR
Gesamt   813,13 EUR
 

Rz. 44

Wird ein Ermittlungsverfahren nicht nur vorläufig eingestellt, dann aber später wieder fortgesetzt, ändert das nichts daran, dass die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1...

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