Rz. 271

Neben den bereits fälligen Versorgungsleistungen sind auch unverfallbare Versorgungsanwartschaften i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers gesichert, und zwar unabhängig davon, ob der Versorgungsberechtigte im Zeitpunkt der Insolvenz bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden war oder erst infolge der Insolvenz sein Arbeitsverhältnis beendet wird.

 

Rz. 272

Dagegen werden vom gesetzlichen Insolvenzschutz solche Anwartschaften nicht erfasst, die lediglich aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für unverfallbar bestimmt worden sind, zum Insolvenzstichtag aber noch nicht die Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 BetrAVG erfüllen (BAG v. 3.8.1978 – 3 AZR 19/77, NJW 1979, 446; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 7 Rn 136).

 

Rz. 273

Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien sog. Vordienstzeiten anrechnen wollen, sofern diese Vordienstzeiten unmittelbar an das aktuelle Arbeitsverhältnis heranreichen und selbst von einer Versorgungszusage begleitet worden sind, die ihrerseits noch nicht gesetzlich unverfallbar geworden ist (BAG v. 3.8.1978 – 3 AZR 19/77, NJW 1979, 446; BAG v. 11.1.1983 – 3 AZR 212/80, NJW 1984, 1199; BAG v. 19.7.1983 – 3 AZR 397/81, DB 1983, 2255 = BetrAV 1984, 74; BAG v. 26.9.1989 – 3 AZR 814/87, NZA 1990, 348; BAG v. 26.9.1989 – 3 AZR 815/87, NZA 1990, 189; BAG v. 28.3.1995 – 3 AZR 496/94, BB 1995, 2326 = DB 1995, 1867).

 

Rz. 274

Des Weiteren erstreckt sich der gesetzliche Insolvenzschutz auch auf die Vereinbarung der Anrechnung sog. "Nachdienstzeiten", d.h. solcher Zeiten, die nach einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen weiterhin als leistungserhöhende Dienstzeiten berücksichtigt werden sollen (BAG v. 10.3.1992 – 3 AZR 140/91, NZA 1992, 932).

 

Rz. 275

Der Umfang des gesetzlichen Insolvenzschutzes bei unverfallbaren Anwartschaften knüpft allerdings nicht, wie bei den laufenden Versorgungsleistungen, an die Zusage des früheren Arbeitgebers, sondern ausschließlich an die gesetzlichen Vorschriften an. Maßgeblich ist insoweit insb. § 2 Abs. 1, 2 und 5 BetrAVG (BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 127 m. Anm. Langohr-Plato), wobei lediglich die bis zum Eintritt des Sicherungsfalles zurückgelegten Dienstzeiten ratierlich berücksichtigt werden.

 

Rz. 276

Für den Umfang der insolvenzgeschützten Anwartschaft kommt es damit auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Insolvenz an. Bei der ratierlichen Berechnung der auf den Insolvenzstichtag abgestellten Anwartschaft ist von einem unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und seiner Bemessungsgrundlagen auszugehen. Veränderungen nach Eintritt der Insolvenz sind für den Umfang des Insolvenzschutzes unerheblich (BAG v. 12.3.1991 – 3 AZR 63/90, NZA 1992, 132). Die zwingend wirkende Veränderungssperre des § 2a Abs. 1 BetrAVG, die künftig ungewisse Ereignisse aus der Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft ausschließt, hat zur Konsequenz, dass auch eine einzelvertraglich vereinbarte Anwartschafts- und/oder Rentendynamik nach variablen Bezugsgrößen (z.B. Spannungs- oder Indexklauseln) vom PSV nicht zu übernehmen ist (BAG v. 18.4.1989 – 3 AZR 299/87, NZA 1989, 845; BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 127 m. Anm. Langohr-Plato).

 

Rz. 277

Diese Veränderungssperre ist nicht auf den Zeitraum zwischen Konkurseröffnung und Eintritt des Versorgungsfalles beschränkt. Auch Änderungen der Bemessungsgrundlagen nach Eintritt des Versorgungsfalls sind für die Berechnung des Teilanspruches ggü. dem PSV unbeachtlich (BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 127 m. Anm. Langohr-Plato). Folglich sind die Bemessungsgrundlagen endgültig in der Höhe festgeschrieben, wie sie im Insolvenzfall bestanden.

 

Rz. 278

Zu beachten ist allerdings, dass die Veränderungssperre des § 2a Abs. 1 BetrAVG nur bei variablen Dynamiksätzen anwendbar ist, da deren künftige Veränderungen beim Insolvenzeintritt nicht bekannt und damit für den Haftungsumfang des PSV auch nicht berechenbar sind. Etwas anderes muss allerdings bei einer vertraglich vereinbarten festen Dynamik (volldynamische Zusage) gelten, bei der sich die Versorgungsverpflichtung jährlich um einen exakt definierten und damit bestimmten Prozentsatz erhöht. In einem solchen Fall ist die Dynamik Bestandteil der Bemessungsgröße selbst und ändert sich zukünftig nicht mehr; die zukünftige Entwicklung der Versorgungsverpflichtung ist somit auch für den PSV im Zeitpunkt seiner Haftungsübernahme in vollem Umfang berechenbar und kalkulierbar, sodass § 2 Abs. 5 BetrAVG nicht tangiert wird (Langohr-Plato in Anm. zu BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 128).

 

Rz. 279

Soweit die Versorgungszusage aufgrund einer einschränkenden Neuordnung vor Eintritt der Insolvenz zum Nachteil der Versorgungsberechtigten abgeändert worden ist, hat der PSV als Mindestanwartschaft in jedem Fall die bis zum Neuordnungsstichtag auf der Basis der alte...

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