Rz. 9

Den Vorschriften zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot können auch sog. Kundenschutzklauseln unterworfen sein. Verbietet der Arbeitgeber seinem ausscheidenden Arbeitnehmer die Mitnahme bestimmter Kunden und deren künftige Betreuung zugunsten eines anderen Arbeitgebers, kann darin indirekt das Verbot oder zumindest eine erhebliche Einschränkung künftiger Berufstätigkeit auf diesem Gebiet liegen; die §§ 74 ff. HGB sind anwendbar. Dabei ist stets zu beachten, dass das berechtigte Interesse des Arbeitgebers je nach Einzelfall nur durch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots effektiv abgesichert werden kann, da eine Kundenschutzklausel bei wechselndem Kundenstamm stets neu gefasst werden müsste (vgl. LAG Hamm v. 7.10.2019 – 18 SaGa 49/19, BeckRS 2019, 29813 Rn 38). Verspricht der Arbeitgeber in einer solchen Kundenschutzklausel nicht auch die von § 74 Abs. 2 HGB vorgesehene Entschädigungszahlung, ist die Klausel unwirksam und der Arbeitnehmer frei für das Konkurrenzgeschäft (vgl. dazu BAG v. 16.7.1971 – 3 AZR 384/7, BB 1971, 1323; BAG v. 26.11.1971 – 3 AZR 220/71, BB 1972, 447; OLG Köln v. 23.2.2005 – 27 U 19/04, NJOZ 2005, 2585). Insb. allgemeine Mandantenschutzklauseln (z.B. für angestellte Steuerberater und Rechtsanwälte) sind mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar und weder sittenwidrig noch wegen Verstoßes gegen das Standesrecht unwirksam, sondern nach den §§ 74 ff. HGB zu beurteilen. Mit der gleichen Argumentation sind auch Abwerbungsverbote bzgl. anderer Mitarbeiter des Arbeitgebers unter die §§ 74 ff. HGB zu fassen (vgl. Busch/Dendorfer, BB 2002, 301, 304).

 

Rz. 10

Differenziert wird bei sog. Mandantenübernahmeklauseln, wonach der ausgeschiedene Arbeitnehmer zur Abgabe von Honoraranteilen an seinen früheren Arbeitgeber für die Übernahme von Mandanten verpflichtet wird. Ist das abzuführende Honorar so hoch, dass die Mandantenübernahme wirtschaftlich keinen Sinn mehr macht, unterliegt die Abrede dem Schutzbereich der §§ 74 ff. HGB (so BGH v. 9.5.1968 – II ZR 158/66, NJW 1968, 1717 bei 30 % abzuführendem Honoraranteil). Die Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB kann sich auch aus unangemessener Benachteiligung aufgrund einer zu langen Bindungsdauer ergeben (BAG v. 7.8.2002 – 10 AZR 586/01, NZA 2002, 1282). "Lohnt" sich die Bearbeitung der Mandate wegen eines geringfügigeren auszukehrenden Honoraranteils, so sind die §§ 74 ff. HGB nicht anwendbar (vgl. näher Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, Rn 134; Schaub/Vogelsang, ArbR-HdB, § 55 Rn 21 ff.).

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