Rz. 184

Wird ein Vollstreckungstitel, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben worden ist, durch eine spätere Entscheidung abgeändert oder durch einen Prozessvergleich ersetzt, kann der Gläubiger grundsätzlich die Erstattung der Vollstreckungskosten in der Höhe verlangen, in der sie angefallen wären, wenn er von vornherein die Vollstreckung auf den letztlich titulierten Betrag beschränkt hätte.[96]

 

Beispiel 121: Erstattungsfähige Vollstreckungskosten nach Abänderung des Titels durch Rechtsmittelgericht

Der Beklagte wird zur Zahlung von 3.000,00 EUR verurteilt. Der Kläger leitet daraufhin die Zwangsvollstreckung ein, wodurch folgende Anwaltskosten entstehen:

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   66,60 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   13,32 EUR
  Zwischensumme 79,92 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   15,18 EUR
Gesamt   95,10 EUR

Im Berufungsverfahren wird das Urteil dahingehend abgeändert, dass der Beklagte lediglich 1.860,00 EUR zu zahlen hatte.

Die angefallenen Vollstreckungskosten aus 3.000,00 EUR sind in dieser Höhe jedenfalls nicht erstattungsfähig, da die Forderung in dieser Höhe keinen Bestand behalten hat. Bestehen geblieben ist die Forderung lediglich in Höhe von 1.860,00 EUR. Daher sind die angefallenen Anwaltskosten in der Höhe erstattungsfähig, in der sie angefallen wären, wenn der Gläubiger sich von vorneherein in der Zwangsvollstreckung auf den Betrag von 1.860,00 EUR beschränkt hätte.

Nach § 788 ZPO sind damit erstattungs- und festsetzungsfähig:

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   49,80 EUR
  (Wert: 1.860,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   9,96 EUR
  Zwischensumme 59,76 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   11,35 EUR
Gesamt   71,11 EUR
 

Rz. 185

 

Beispiel 122: Erstattungsfähige Vollstreckungskosten nach Aufhebung des Titels und Abschluss eines Vergleichs

Der Beklagte wird durch Versäumnisurteil zur Zahlung von 3.000,00 EUR verurteilt. Der Kläger leitet daraufhin die Zwangsvollstreckung ein, wodurch folgende Anwaltskosten entstehen:

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   66,60 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   13,32 EUR
  Zwischensumme 79,92 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   15,18 EUR
Gesamt   95,10 EUR

Der Beklagte legt gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein. In der nachfolgenden mündlichen Verhandlung schließen die Parteien einen Vergleich, wonach der Beklagte lediglich 1.860,00 EUR zu zahlen hat.

Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 121.

 

Rz. 186

Voraussetzung dafür ist, dass sich aus der späteren Entscheidung oder dem Vergleich ergibt, inwieweit die ursprünglich titulierte Forderung aufrechterhalten worden ist.[97] Werden z.B. in einem nachfolgenden Vergleich weitere nicht streitgegenständliche Ansprüche geregelt, kommt die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung nur in Betracht, soweit sich feststellen lässt, in welchem Umfang die im Versäumnisurteil titulierte Forderung Bestand behalten hat.

 

Beispiel 123: Erstattungsfähige Vollstreckungskosten nach Aufhebung des Titels und Abschluss eines Vergleichs unter Einbeziehung weiterer Gegenstände

Der Beklagte wird durch Versäumnisurteil zur Zahlung von 3.000,00 EUR verurteilt. Der Kläger leitet daraufhin die Zwangsvollstreckung ein, wodurch folgende Anwaltskosten entstehen:

 
1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV   66,60 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   13,32 EUR
  Zwischensumme 79,92 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   15,18 EUR
Gesamt   95,10 EUR

Der Beklagte legt gegen ein Versäumnisurteil Einspruch ein. In der nachfolgenden mündlichen Verhandlung schließen die Parteien einen Vergleich, in den weiter gehende Forderungen und Gegenforderungen einbezogen werden und der Beklagte zum Ausgleich aller Ansprüche noch 1.860,00 EUR zu zahlen habe.

Da sich jetzt nicht feststellen lässt, ob und inwieweit durch die Vergleichsforderung die ursprüngliche Forderung aufrechterhalten wird und ob und inwieweit die Vergleichssumme neue Forderungen abdeckt, kommt eine Erstattung der Vollstreckungskosten nicht in Betracht.

[96] BGH AGS 2004, 127 = NJW-RR 2004, 503; AGS 2010, 253 = RVGreport 2010, 231.
[97] BGH AGS 2010, 253 = NJW-Spezial 2010, 444.

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