Rz. 1

"Ja, wir besitzen auch Vermögen im Ausland" ist eine Aussage, welche bei einem Beratungsgespräch über die Nachfolgeplanung von Mandanten geäußert wird und welche die Planung für den Berater sehr viel anspruchsvoller und herausfordernder macht. Denn der Berater muss jetzt nicht nur die vielen Fallstricke des deutschen Zivil- und Steuerrechts beachten, sondern zudem auch prüfen, inwieweit ausländisches Zivil- und Steuerrecht Anwendung findet. Diese Fälle häufen sich in der Praxis. In Zeiten gelebter Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union und einer weit fortgeschrittenen Globalisierung in allen Geschäftsbereichen werden auch die Vermögen der Menschen internationaler: Abgesehen von zehntausenden deutschen Rentnern, die auf spanischen Inseln, in der Türkei, zunehmend auch in der Karibik und Florida in eigenen Immobilien überwintern, und Unternehmern, die Feriendomizile gleich in mehreren Ländern besitzen und in ausländische Immobilien oder Gewerbeobjekte investieren,[1] trifft man auch immer häufiger auf "echte" internationale Biographien, z.B. den französischen Ingenieur, der bei einem dreijährigen Einsatz für seinen Arbeitgeber in Australien seine russische Frau kennenlernt und heiratet; jetzt leben die beiden schon seit zwanzig Jahren in Deutschland. Allein aus diesem Beispiel lässt sich erkennen, wie schwierig es mitunter ist, herauszufinden, welches Recht anzuwenden ist.

 

Rz. 2

Es liegt in der menschlichen Natur anzunehmen, dass die Verhältnisse oder Regelungen, die man kennt, auch genauso anderswo, d.h. in anderen Staaten anzuwenden sind. Sie sind für uns selbstverständlich. Tatsächlich gibt es jedoch in Deutschland eine ganze Reihe von testamentarischen Gestaltungsmöglichkeiten, die im Ausland unbekannt sind, z.B. das so genannte Berliner Testament. In manchen Staaten, z.B. Luxemburg oder Italien, ist die gegenseitige Erbeinsetzung in demselben Testament nicht zulässig. Das Testament ist somit unwirksam, sofern luxemburgisches oder italienisches Recht darauf Anwendung findet und es kommt zur Anwendung des gesetzlichen luxemburgischen oder italienischen Erbrechts. Daher ist es bei der Nachfolgeplanung mit Auslandsberührung unbedingt notwendig, das anwendbare Recht sowie dessen Folgen unter Anwendung größter Sorgfalt zu ermitteln. Darüber hinaus ist auch das Güterstandsrecht zu beachten, um auch die Rechte des überlebenden Ehegatten innerhalb der Nachlassplanung entsprechend zu berücksichtigen. Ob die Nachfolgeplanung nur Privat- oder auch Unternehmensvermögen beinhaltet, spielt bei der zivilrechtlichen Beurteilung zunächst keine Rolle.

 

Rz. 3

 

Wichtig

Eine Systematisierung der Fälle mit Auslandsberührung lässt sich nach typischen Konstellationen wie folgt vornehmen:[2]

1. Ein Beteiligter hat eine fremde Staatsangehörigkeit oder ist staatenlos.
2. Der Gegenstand, um den sich der Streit dreht bzw. der übertragen werden soll, ist im Ausland belegen.
3. Das zu beurteilende Rechtsgeschäft soll im Ausland vorgenommen worden.
4. Die Beteiligten haben die Anwendung eines fremden Rechts vereinbart (Rechtswahl).
5. Die Beteiligten leben oder leben zeitweise im Ausland.
6. Die Wirkung eines im Ausland von einer Behörde erlassenen Aktes soll beurteilt werden.
 

Rz. 4

Der Mandant möchte von seinem Berater aber auch erfahren, mit welcher Erbschaft- bzw. Schenkungsteuerbelastung er zu rechnen hat bzw. wie diese Belastung ggf. verringert werden kann. Bei Fällen mit Auslandsberührung ist daher zu prüfen, ob nicht nur im Inland sondern auch im Ausland Erbschaftsteuer anfällt. In einem zweiten Schritt ist dann zu klären, ob es zu einer Doppelbesteuerung desselben Vermögens kommt und diese durch die nationalen Vorschriften des einen oder des anderen Staates oder über ein bestehendes Doppelbesteuerungsabkommen verhindert werden kann. Mandanten sind oftmals erstaunt darüber, dass die Erbschaftsteuerbelastung in anderen Staaten wesentlich höher ausfällt als in Deutschland, sei es, weil die ausländischen Erbschaftssteuertarife über denjenigen in Deutschland liegen, sei es, weil im Ausland geringere Freibeträge gewährt werden.

Aus diesen Gründen sollen im Folgenden die Grundzüge der zivilrechtlichen und steuerlichen Besonderheiten bei Erbfällen mit Auslandsberührung dargestellt werden.

[1] Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, Kapitel 9 Rn 1.
[2] Flick/Piltz, Der internationale Erbfall, Rn 2.

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