Rz. 3

Die Staatsanwaltschaft und – nach Klageerhebung – das Gericht können nach näherer Maßgabe von § 153a StPO bei einem Vergehen[1] unter bestimmten Voraussetzungen von der Strafverfolgung absehen. Im Rahmen dieser Entscheidung kann dem Beschuldigten dabei unter anderem als Auflage erteilt werden, zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen oder "sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich).[2]"

 

Rz. 4

Von § 153a StPO wird in der Praxis häufig Gebrauch gemacht. Die Regelung dient der der Zweckmäßigkeit: Sie eröffnet im Bereich der kleineren und mittleren Kriminalität einer vereinfachten Erledigung.[3] Weil es darauf ankommt, dass das Vergehen "geeignet (ist), das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht", ist der Anwendungsbereich in der Praxis auch auf Fälle von umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren erstreckt worden.

 

Rz. 5

Aus der Sicht des durch die Straftat Geschädigten besteht damit im Ergebnis die Möglichkeit, seinen zivilrechtlichen Anspruch in Gestalt einer dem Beschuldigten erteilten Auflage realisiert zu bekommen. Allerdings hat der Geschädigte hier keine eigene Verfahrensstellung. Staatsanwaltschaft bzw. Gericht werden sich zwar erkundigen, in welcher Höhe Schäden feststellbar sind. Um aber weder bei dem Beschuldigten noch bei dem Verletzten den Eindruck entstehen zu lassen, der festgesetzte Wiedergutmachungsbetrag sei eine endgültige Fixierung des Schadens, ist der Zusatz empfehlenswert, dem Verletzten werde die Möglichkeit nicht abgeschnitten, auf dem Zivilrechtsweg weitergehenden Schaden geltend zu machen.[4]

 

Rz. 6

Ähnliches im Ergebnis gilt für den Fall der Strafaussetzung zur Bewährung. Nach § 56b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB kann das Gericht die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

 

Rz. 7

Sowohl im Falle des Absehens von Strafe nach § 153a StPO als auch bei der Wiedergutmachung nach § 56b StGB spielt es keine Rolle, ob der zivilrechtliche Ersatzanspruch unter Umständen bereits verjährt ist. Für den Geschädigten liegt darin ein Vorteil, weil die Auflage zur Schadenswiedergutmachung unabhängig von der bestehenden Einrede der Verjährung zulässig ist. In jüngerer Zeit sucht die Strafrechtspflege vermehrt nach solchen Reaktionsformen auf Kriminalität, die gerade auch das Opfer einer Straftat und dessen Belange stärker in den Mittelpunkt des Interesses rücken, andererseits aber auch den Täter zur Übernahme von Verantwortung für die Folgen seiner Tat veranlassen sollen. Insoweit geht es um den Täter-Opfer-Ausgleich, der sowohl materiell-rechtlich als auch strafprozessual verankert worden ist.[5]

 

Rz. 8

Der Bundesgerichtshof leitet aus der in § 46a StGB getroffenen Unterscheidung zwischen Tatausgleich (Nr. 1) und Schadenswiedergutmachung (Nr. 2) her, beim Täter-Opfer-Ausgleich handele es sich um die Wiedergutmachung immateriellen und sonst um die materiellen Schadens. Tatsächlich stellt beim Täter-Opfer-Ausgleich nicht die Geldzahlung das wesentliche Element dar; die Geldzahlung soll nur ein erwünschter Nebeneffekt sein. Viel wichtiger ist das psychologische Aufarbeiten der Straftat auf beiden Seiten. Intention des Gesetzgebers ist im Erwachsenenstrafrecht insbesondere, die Belange des Opfers von Straftaten stärker in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. Gleichzeitig kann der Täter auf diesem Wege besser als mit bloßer Bestrafung zur Einsicht in die Verwerflichkeit seines Tuns und zur Übernahme von Verantwortung für die Folgen seiner Straftat veranlasst werden. § 46a StGB will einen Anreiz für Ausgleichsbemühungen seitens des Täters schaffen, dem Opfer durch sein persönliches Einstehen für die Folgen der Tat, durch immaterielle Leistungen oder auch durch materielle Schadensersatzleistungen Genugtuung zu verschaffen. Allerdings will die Norm mit den Anforderungen an einen friedensstiftenden Ausgleich auch in dem aus generalpräventiver Sicht erforderlichen Umfang sicherstellen, dass nicht jede Form des Schadensausgleichs ausnahmslos und ohne Rücksicht auf den Einzelfall dem Täter zu Gute kommt.[6]

 

Rz. 9

Hinzuweisen ist darauf, dass bloße Zusagen, den Schaden wiedergutmachen zu wollen, für eine Anwendung des § 46a StGB nicht genügen. Ebenso kann die Stellung einer Sicherheit nur dann der Zahlung gleichgestellt werden, wenn der Gläubiger auf die alsbaldige Verwertung verzichtet, etwa um dem Schuldner Gelegenheit zu geben, durch Ratenzahlungen seine Schuld abzutragen.

Zu Opferentschädigung und Verkehrsopferhilfe siehe § 2 Rdn 261 f.

[1] Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind, Vergehen diejenigen rechtswidrigen Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge