Rz. 67

Mit der Rechtsbeschwerde kann die Verurteilung als solche nicht angegriffen werden (OLG Jena DAR 1997, 411; OLG Köln zfs 2004, 335; OLG Koblenz NZV 2005, 52; OLG Hamm NZV 2008, 212). Der Beschwerdeführer kann nur geltend machen, die Einspruchsverwerfung selbst sei unzulässig gewesen, z.B. weil das Gericht nicht erkannt hat, dass der Betroffene genügend entschuldigt ist (OLG Celle NZV 2010, 420) oder übersehen hat, dass der Betroffene von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden war (OLG Hamm zfs 2011, 411).

 

Rz. 68

 

Achtung: Enorm hohe Anforderungen an die Begründung

Waren im Bußgeldbescheid nicht mehr als 100 EUR Geldbuße und auch kein Fahrverbot verhängt, kann die unzulässige Einspruchsverwerfung nur im Wege der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (OLG Bamberg zfs 2008, 413; OLG Bamberg NZV 2013, 204; OLG Hamm DAR 2011, 539; OLG Dresden NZV 2013, 613; OLG Zweibrücken NZV 2018, 50; OLG Hamburg NZV 2018, 242), ansonsten nur mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden (OLG Hamm NZV 2008, 212).

An die Rüge, mit der die Gesetzeswidrigkeit der Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG wegen Verletzung formellen Rechts oder des rechtlichen Gehörs (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 2 S. 2 StPO bzw. § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG) geltend gemacht wird, werden strengste Anforderungen gestellt (OLG Hamm NZV 2012, 197; OLG Koblenz zfs 2014, 530).

Die Beschwerdebegründung muss sämtliche den Mangel begründenden Tatsachen vortragen, z.B. den Schuldvorwurf, die Beweismittel, den Entbindungsantrag, ja sogar die Tatsache, dass dem Gericht eine schriftliche Vertretungsvollmacht des Verteidigers vorlag (OLG Bamberg NStZ 2007, 180), darüber hinaus muss sie auch die Entscheidung des Gerichts mitteilen. Insgesamt ist eine eingehende Schilderung des Verfahrensgangs, der auch negative Tatsachen mitaufführen muss, notwendig (BGH NStZ 2007, 117; BGH NStZ 2007, 234; OLG Naumburg zfs 2007, 534; OLG Hamm NZV 2012, 197). Der Sachvortrag muss so vollständig sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht alleine schon anhand der Begründungsschrift prüfen kann, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt. So sind z.B. auch Ausführungen dazu notwendig, weshalb von der Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung kein Beitrag zur Sachaufklärung zu erwarten war (Thüringer OLG VRS 111, 56). Insgesamt werden so hohe Anforderungen gestellt, dass sie von Praktikern kaum erfüllt werden können, zumal dann, wenn die Verfahrensrüge nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde, auch für die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs kein Raum ist (OLG Köln zfs 2004, 335; OLG Koblenz NZV 2005, 52).

Selbst an die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs werden höchste Ansprüche gestellt, so gehört hierzu grundsätzlich die Darlegung, was der Betroffene im Falle rechtzeitiger Anhörung vorgetragen hätte (OLG Celle NZV 2010, 420; OLG Koblenz zfs 2014, 350). Ausführungen hierzu sind ausnahmsweise nur dann entbehrlich, wenn das Gericht den Entbindungsantrag nicht verbeschieden und sich auch im Urteil nicht damit befasst hat (OLG Dresden NZV 2013, 613; KG zfs 2015, 468).

 

Rz. 69

 

Achtung: Fristbeginn im Falle eines Abwesenheitsverfahrens

Grundsätzlich läuft die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels für den der Hauptverhandlung ferngebliebenen und nicht durch einen Verteidiger vertretenen Betroffenen erst mit Zustellung des Urteils an. Hat dagegen ein gem. § 73 Abs. 3 OWiG vertretungsberechtigter Verteidiger den Betroffenen in der Hauptverhandlung vertreten, beginnt die Frist bereits mit der Verkündung des Urteils (§ 79 Abs. 4 OWiG).

 

Begründungsfrist

Die einmonatige Begründungsfrist beginnt erst am Tag nach Ablauf der Einlegungsfrist und zwar unabhängig davon, wann die Rechtsbeschwerde eingelegt wurde (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 1 StPO; OLG Jena zfs 2019, 411), was Richter in Abwesenheitsverfahren häufig übersehen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge