Rz. 10

Die steuerliche Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft kann durch Einzelrechtsnachfolge oder (partielle) Gesamtrechtsnachfolge vollzogen werden. Bei der Einzelrechtsnachfolge vollzieht sich die Übertragung des Vermögens des Einzelunternehmens nach den jeweils geltenden Vorschriften des Zivilrechts. Alternativ ist auch eine Übertragung durch Ausgliederung eines im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmens als Sachgesamtheit auf eine Kapitalgesellschaft gemäß § 123 Abs. 3 UmwG möglich. In diesem Fall vollzieht sich der Einbringungsvorgang im Rahmen der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge.[1] Das UmwG ermöglicht die Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Aufnahme durch eine bestehende Kapitalgesellschaft oder zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft.[2]

 

Rz. 11

Handelsrechtlich hat die übernehmende Kapitalgesellschaft gemäß § 24 UmwG das Wahlrecht, das übernommene Vermögen mit dem Buchwert (= fiktive Anschaffungskosten) anzusetzen.[3] Alternativ kann die Kapitalgesellschaft den Übertragungsvorgang auch als Anschaffungsgeschäft behandeln. In diesem Fall bestimmen sich die Anschaffungskosten für das übernommene Vermögen nach dem Wert der in Gesellschaftsanteilen gewährten Gegenleistung.

 

Rz. 12

Die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft stellt ertragsteuerlich einen Veräußerungsvorgang dar. Somit sind grundsätzlich alle stillen Reserven im Einzelunternehmen aufzudecken und der Besteuerung zu unterwerfen. Erfolgt der Einbringungsvorgang jedoch nach den Vorschriften des UmwStG, besteht die Möglichkeit, den Einbringungsvorgang buchwertfortführend und demnach steuerneutral durchzuführen.

 

Rz. 13

Die Einbringung vollzieht sich ertragsteuerlich auf den Zeitpunkt, in dem das wirtschaftliche Eigentum auf die übernehmende Kapitalgesellschaft übergeht und bestimmt somit den steuerlichen Übertragungsstichtag (Einbringungsstichtag). Dieser Zeitpunkt kann im Fall der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge auf Antrag acht Monate vor Anmeldung der Ausgliederung zum Handelsregister zurückbezogen werden.[4] In den Fällen der Einzelrechtsnachfolge kann ebenfalls eine Rückbeziehung – acht Monate vor dem Zeitpunkt des Abschlusses des Einbringungsvertrages – erfolgen.[5]

[1] Sonderrechtsnachfolge gemäß § 131 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwG.
[3] IDW, Assurance (WPH Edition) 2017, E 63.

I. Voraussetzungen einer steuerneutralen Einbringung

 

Rz. 14

Das UmwStG knüpft an eine steuerneutrale Einbringung die folgenden in § 20 Abs. 1 UmwStG geregelten Voraussetzungen:

Gegenstand der Einbringung ist der (steuerliche) Betrieb.
Die Einbringung erfolgt gegen Gewährung neuer Anteile.

Diese beiden Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ erfüllt werden, um letztendlich die buchwertfortführende Einbringung des Einzelunternehmens zu gewährleisten.

1. Steuerlicher Betrieb

 

Rz. 15

Der steuerliche Betrieb des Einzelunternehmens umfasst alle aktiven und passiven Wirtschaftsgüter des steuerlichen Betriebsvermögens. Üblicherweise kann das Betriebsvermögen der Bilanz des Einzelunternehmens entnommen werden.

 

Rz. 16

Eine Einbringung im Sinne des § 20 UmwStG setzt voraus, dass alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die Kapitalgesellschaft übergehen.[6] Hierbei handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die aufgrund ihrer Funktion im Betriebsablauf zur Erreichung des Unternehmenszwecks erforderlich und auch von einem besonderen Gewicht für die Führung des Betriebes sind.[7] Als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen kommen insbesondere in Betracht:

Immaterielle Wirtschaftsgüter wie z.B. Patente
Betriebsgrundstücke (auch Büro und Verwaltungsgebäude)[8]
Produktionsmaschinen
Anteile an Kapitalgesellschaften (bei Förderung und Ergänzung des Einzelunternehmens).
 

Rz. 17

Letztendlich kann die Abgrenzung, ob es sich im Einzelfall um eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage handelt oder nicht, schwierig sein. So kann z.B. eine kurzfristig wieder beschaffbare Maschine keine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellen. Hingegen wird eine aus mehreren Maschinen bestehende Produktionslinie regelmäßig funktional wesentliche Betriebsgrundlage sein.

 

Rz. 18

Vor diesem Hintergrund kann es grundsätzlich sinnvoll sein, alle in der (Steuer-)Bilanz bilanzierten aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in die Kapitalgesellschaft einzubringen. Bei gemischt genutzten Grundstücken (z.B. betriebliche und private Nutzung) bedarf es – um nur die Übertragung des betrieblich genutzten Teils zu ermöglichen – im Vorfeld der zivilrechtlichen Trennung der Grundstücksteile durch die Begründung von Teileigentum.

 

Rz. 19

Werden im Rahmen der Einbringung funktional wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehalten, können die in die Kapitalgesellschaft eingebrachten Wirtschaftsgüter nur unter der Aufdeckung von stillen Reserven übertragen werden.[9] Ursächlich hierfür ist, dass durch die Zurückbehaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen nicht der gesamte steuerliche Betrieb, sondern nur ein Teil davon übertragen wird. Gleiches kann Gültigkeit...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge