Rz. 236

Nach § 161 Abs. 1 SGG steht den Beteiligten gegen das Urteil des Sozialgerichts die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz (Sprungrevision) zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Die Ablehnung der Zulassung ist unanfechtbar (§ 161 Abs. 2 S. 3 SGG).

 

Rz. 237

Der Antrag auf Zulassung der Revision zählt für den potentiellen Revisionskläger nach § 16 Nr. 11 RVG – obwohl hierüber das Sozialgericht selbst entscheidet (§ 161 Abs. 1 SGG) – bereits zum Rechtszug des Rechtsmittelverfahrens und löst daher dort die Verfahrensgebühr der Nr. 3212 VV aus. Der Antrag auf Zulassung der Revision begründet bereits die volle 1,6-Verfahrensgebühr und nicht nur die reduzierte Gebühr nach Nr. 3213 VV, selbst wenn die Revision nicht zugelassen wird und auch selbst dann, wenn anschließend Berufung eingelegt wird. Nur dann, wenn sich der Auftrag auf Zulassung der Revision vorzeitig erledigt, reduziert sich die Gebühr nach Nr. 3213 VV.

 

Beispiel 130: Antrag auf Zulassung der Sprungrevision

Der Anwalt beantragt beim Sozialgericht die Zulassung der Revision. Der Antrag wird zurückgewiesen.

Es entsteht jetzt nur die Verfahrensgebühr nach Nr. 3212 VV.

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3212 VV   576,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 596,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   113,24 EUR
Gesamt   709,24 EUR
 

Rz. 238

 

Beispiel 131: Erfolgreicher Antrag auf Zulassung der Sprungrevision mit nachfolgendem Revisionsverfahren

Der Anwalt beantragt beim Sozialgericht die Zulassung der Sprungrevision. Dem Antrag wird stattgegeben und die Revision mit mündlicher Verhandlung durchgeführt.

Das Verfahren über die Zulassung gehört zum Revisionsverfahren. Die bereits für den Zulassungsantrag entstandene Verfahrensgebühr deckt jetzt auch das Revisionsverfahren ab. Hinzu kommt noch die Terminsgebühr nach Nr. 3213 VV. Infolge der Mehrtätigkeit des zusätzlichen Zulassungsverfahrens dürfte eine überdurchschnittliche Gebühr (hier 50 % über der Mittelgebühr) angemessen sein.

 
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3212 VV   864,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 3213 VV   543,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.427,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   271,13 EUR
Gesamt   1.698,13 EUR
 

Rz. 239

 

Beispiel 132: Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Sprungrevision und nachfolgendes Berufungsverfahren

Der Anwalt beantragt beim Sozialgericht die Zulassung der Revision. Der Antrag wird zurückgewiesen. Daraufhin wird Berufung zum Landessozialgericht eingelegt, über die verhandelt wird.

Für das Zulassungsverfahren entsteht jetzt wiederum die Verfahrensgebühr nach Nr. 3212 VV. Das Berufungsverfahren ist ein eigener Rechtszug und löst daher gesonderte Gebühren aus (§ 17 Nr. 1 RVG). Der Anwalt erhält hier die Gebühren nach den Nrn. 3204 und 3205 VV.

 
I. Zulassungsverfahren
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3212 VV   576,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 596,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   113,24 EUR
Gesamt   709,24 EUR
II. Berufungsverfahren
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV   444,00 EUR
2. Terminsgebühr, Nr. 3205 VV   335,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 799,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   151,81 EUR
Gesamt   950,81 EUR
 

Rz. 240

Für den Rechtsanwalt des Gegners zählt dessen Tätigkeit im Verfahren auf Zulassung ebenfalls schon zum Revisionsverfahren, wenn er bereits den Auftrag für das (potentielle) Revisionsverfahren hat.

 

Rz. 241

Für den Anwalt des Gegners zählt die Zustimmungserklärung noch zum erstinstanzlichen Verfahren (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG). Ist der Anwalt also bereits vor dem Sozialgericht beauftragt gewesen, wird die Zustimmungserklärung (oder deren Verweigerung) noch durch die erstinstanzlichen Gebühren abgegolten.

 

Rz. 242

Wird der Anwalt erstmals mit der Zustimmungserklärung beauftragt, war er also nicht im Verfahren vor dem Sozialgericht tätig, wird diese als Einzeltätigkeit vergütet. Da die Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 RVG zum erstinstanzlichen Verfahren zählt, bleibt die Vergütung auch dann erhalten, wenn die Sprungrevision zugelassen wird.

 

Beispiel 133: Zustimmungserklärung des erstinstanzlich nicht beauftragten Anwalts und Vertretung im nachfolgenden Revisionsverfahren

Der vor dem Sozialgericht nicht tätige Anwalt erklärt für den erstinstanzlich erfolgreichen Kläger gegenüber der unterlegenen Behörde die Zustimmung zur Sprungrevision. Die Behörde beantragt daraufhin die Zulassung der Revision. Dem Antrag wird stattgegeben und die Revision mit mündlicher Verhandlung durchgeführt.

Die Abgabe der Zustimmungserklärung gehört zum erstinstanzlichen Verfahren. Da der Anwalt des Klägers dort nicht tätig war, erhält er die Vergütung nach Nr. 3406 VV (Einzeltätigkeit). Das Revisionsverfahren ist für ihn nach § 17 Nr. 1 RVG eine neue Instanz. Hier erhält er die Gebühren nach Nr. 3212 VV. Eine Anrechnung oder ein...

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