Rz. 11

In den sogenannten Fürsorgeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen die Nachlasssachen und insbesondere das Erbscheinsverfahren zählen, ist Schiedsgerichtsbarkeit nicht zulässig. Nur die staatliche Gerichtsbarkeit für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten i.S.d. § 13 GVG wird durch das Schiedsgericht ersetzt.[33] Ein Erbschein kann nur durch das im FamFG geregelte Verfahren (insbes. §§ 352 ff. FamFG) vom Nachlassgericht erteilt werden, die Erteilung durch ein Schiedsgericht scheidet aus.[34] Auch der Inhalt des Erbscheins unterliegt nicht der Verfügungsbefugnis der Beteiligten.[35] Zur Klärung der Erbfolge hat das Nachlassgericht von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen, § 26 FamFG).

Nicht der Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts unterliegen deshalb

Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere also

das Erbscheinsverfahren,
das Verfahren betr. Erteilung oder Einziehung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses,[36]
Verfahren betr. die Sicherung des Nachlasses,
Verfahren betr. die Bestellung eines Nachlasspflegers,
Verfahren betr. die Herbeiführung der Haftungsbeschränkung auf den Nachlass durch Anordnung förmlicher Nachlassverfahren (Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz – letztere als besondere Form des Zwangsvollstreckungsrechts).
Betreuungsangelegenheiten (die vorgängig zu Nachlasssachen eine große Rolle spielen),
Ehesachen – zur Klärung erbrechtlicher Vorfragen,[37]
Streitigkeiten betreffend Pflichtteile, soweit sie nicht der Dispositionsbefugnis des Erblassers unterfallen;[38]
Kindschaftssachen – ebenfalls zur Klärung erbrechtlicher Vorfragen,
die Frage der Zugehörigkeit von Gegenständen zum Nachlass,
Ansprüche von Nachlassgläubigern,[39] weil Letztere den einseitigen Anordnungen des Erblassers nicht unterworfen werden können,
Fälle, in denen sich eine Entscheidung auf Dritte erstrecken soll, insbesondere alle Fälle der Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO), sofern nicht der Dritte die Entscheidung des Schiedsgerichts für sich als verbindlich anerkennt.
[33] Zöller/Geimer, Vor § 1025 Rn 1.
[34] BayObLG NJWE-FER 2001, 50 = ZEV 2001, 190; Lange, ZEV 2017, 1.
[35] BayObLGZ 1991, 1/6; 1978, 294.
[36] Vgl. oben Rdn 8.
[37] Familienrechtliche Folgesachen sind dagegen der Schiedsgerichtsbarkeit zugänglich, Schumacher, FamRZ 2004, 1677.
[38] Also das absolute Gros aller Pflichtteilsstreitigkeiten, vgl. oben Rdn 8 und 9.
[39] Böckstiegel/Schiffer, S. 77.

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