Rz. 106

Nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG wird eine wegen desselben Gegenstands entstehende Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV RVG zur Hälfte, bei Wertgebühren jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Anrechnung erfolgt dabei nach dem Wert des Gegenstands, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr erfolgt unter folgenden Voraussetzungen:

Entstehung einer Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV RVG: Die Anrechnung setzt voraus, dass eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 VV RVG angefallen ist. Das ist nicht der Fall, wenn zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten keine Geschäftsgebühr im Sinne von Nr. 2300 VV RVG entstanden ist, sondern vielmehr eine zulässige Honorarvereinbarung getroffen wurde.[129]
Personeller Zusammenhang zwischen außergerichtlicher und gerichtlicher Vertretung: Gebührenrechtlich ist eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG nicht vorzunehmen, wenn außergerichtlich und gerichtlich nicht derselbe Rechtsanwalt für den Kläger tätig war. Für die Anrechnung ist erforderlich, dass außergerichtlich und gerichtlich derselbe Anwalt für den Kläger tätig war.[130]
Sachlicher Zusammenhang zwischen außergerichtlicher und gerichtlicher Vertretung: Eine Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG hat nur dann zu erfolgen, soweit der Gegenstand der außergerichtlichen und der gerichtlichen Tätigkeit identisch ist. Das ergibt sich aus Vorbem. 3 Abs. 4 S. 5 VV RVG, wonach die Anrechnung sich nach dem Wert des Gegenstands richtet, der auch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wird nach allgemeiner Auffassung durch das Recht oder das Rechtsverhältnis definiert, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm von seinem Mandanten erteilten Auftrags bezieht. Dabei ist bei der Bestimmung des Gegenstands keine formale, sondern eine wertende Betrachtungsweise angezeigt.[131] Gegenstandsidentität liegt daher vor und die Geschäftsgebühr ist auf die Verfahrensgebühr anzurechnen, wenn der Zessionar aus abgetretenem Recht einen durch seinen Prozessbevollmächtigten namens des Zedenten vorgerichtlich geltend gemachten Anspruch einklagt.[132]
Zeitlicher Zusammenhang zwischen außergerichtlicher und gerichtlicher Vertretung: Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr erfolgt wegen § 15 Abs. 5 S. 2 RVG nicht, wenn seit Erledigung des außergerichtlichen Auftrags mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind.

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